Samstag, 31. August 2013

WEC - Das Wochenende in Brasilien

Die meisten Motorsportfans können mit dem Begriff "24 Stunden von LeMans" etwas anfangen. Es ist eines der legendärsten Rennen, die im Moment ausgetragen werden. Ein Rennen, welches hohe Ansprüche an Fahrer und Material hat. Doch LeMans steht nicht alleine dar. Vielmehr gibt es einen 8 Rennen umfassenden Rennkalender, bei dem mehrere Teams antreten, um den Langstreckenweltmeister ausfindig zu machen. Seit 2012 läuft das unter dem Dachverband der FIA. Dass sich Deutschland dabei mehr als nur gut präsentiert, zeigen zum einen Fahrer, zum anderen auch Material. Am Wochenende findet der vierte Lauf der WEC (World Endurance Championship) in Sao Paulo/Brasilien statt. Passend dazu möchte ich erste Einblicke in den Langstreckenmotorsport geben, aber auch einen Ausblick auf das Rennen, sowie kurzen Rückblick der Saison wagen. Viel Inhalt. Los geht's.


Was ist die WEC?
In der WEC treten verschiedene Teams bei verschiedenen Rennen an, die mindestens eine Dauer von 6 Stunden haben. Saisonhöhepunkt ist ganz klar das Rennen in LeMans. Dabei kommen LeMans-Prototypen (LMP), sowie Gran Turismo-Fahrzeuge (GT) zum Einsatz. Unterschieden wird zwischen der LMP1 und LMP2, sowie der LMGTE Pro (Profifahrer) und LMGTE Am (Amateurfahrer). Die genauen Unterschiede der einzelnen Klassen würden den Rahmen dieses Artikels sprengen, weswegen ich hierfür einen eigenen Beitrag anstrebe. Für jedes Rennen gibt es der Platzierung entsprechend Punkte. Das Team mit den meisten Punkten gewinnt. Im Gegensatz zur Formel 1 teilen sich mehrere Fahrer (2 - 3) ein Auto, da im Reglement vorgeschrieben ist, wie lange ein Fahrer hinter dem Steuer sitzen darf.


Wen muss man kennen?
Der Hauptkampf findet in der LMP1-Klasse statt. Dort duellieren sich in diesem Jahr Audi und Toyota. Audi musste sich bei 12 LeMans-Siegen seit 2000 nur zwei Mal (2003 und 2009) geschlagen geben und gilt als Favorit. Toyota hatte in dieser Saison bisher wenig entgegen zu setzen. Doch dazu später mehr.
Nennenswert wären noch die Fahrerpaarungen von Audi und Toyota. Audi1 konnte 2012 die Gesamtwertung gewinnen und gilt weiterhin als eine der erfolgreichsten Fahrerpaarungen. Dazu gehören André Lotterer (Deutschland), Marcel Fässler (Schweiz) und Benoît Tréluyer. Doch auch in Audi2 (Loîc Duval, Tom Kristensen, Allan McNish), sowie Audi3 (Marc Gené, Lucas di Grassi, Oliver Jarvis) fahren durchaus bekannte Fahrer aus DTM und Formel 1.
Toyota kann ebenfalls bekannte Fahrer zu den eigenen zählen. Für die Japaner fahren die Kombinationen Nicolas Lapierre/Kazuki Nakajima/Alexander Wurz und Sébastien Buemi/Anthony Davidson/Stéphane Sarrazin, von denen auch einige bereits Auftritte in der Formel 1 hatten.
Aus deutscher Sicht wäre zudem Nick Heidfeld zu nennen, der mit dem Schweizer Rebellion Racing ebenfalls in der LMP1 eintritt. Da es sich bei Rebellion aber um ein Privatteam handelt, fehlt hier das nötige Kleingeld, um Audi und Toyota gefährlich werden zu können. Trotzdem schafft es das Team über die Saison zwei Autos an den Start zu bringen.
Weiterhin fahren mit Giancarlo Fisichella, Bruno Senna, Pedro Lamy, Shinji Nakano und Co. weitere Fahrer im Feld, welche Formel 1-Erfahrungen sammeln konnten.


Wie verlief die bisherige Saison?
Bei den bisherigen drei Rennen in Silverstone, Spa (beide je 6 Stunden) und LeMans (24 Stunden) konnte Audi seine Dominanz zeigen. Silverstone und LeMans gewannen Duval/Kristensen/McNish, die in Spa den zweiten Rang belegten; Spa ging an Fässler/Lotterer/Tréluyer, die in Silverstone zweiter, sowie in LeMans auf Grund eines technischen Problems fünfter wurden. Folglich führen erst genannten die WM an. Dahinter folgt Audi1, Toyota2, Audi3 und Toyota1. Trotzdem gibt es noch insgesamt 130 Punkte zu holen (25 für den Rennsieg, je einen für die Pole Position). Von einer entschiedenen WM kann nicht gesprochen werden.


Was ist von Sao Paulo zu erwarten?
Sicherlich wird es wieder auf den Zweikampf Audi gegen Toyota hinaus laufen. Während beim ersten freien Training Toyota2 schnellster Wagen vor Audi1 und Audi2 war, dominierte beim zweiten freien Training Audi. Dort hieß es dann Audi2 vor Audi1 und Toyota2. Nick Heidfeld und das Team von Rebellion Racing landeten jeweils auf dem vierten Rang. Allerdings traten auch nur vier Autos aus der LMP1-Klasse an.
In der LMP2-Klasse machten die Fahrer von Oreca und Morgan, beide von einem Nissan-Motor befeuert, die Plätze unter sich aus.
In der GT-Klasse der Profis erzielte Stefan Mücke mit seinem Aston Martin zwei Mal die Bestzeit. Dahinter tobt ein offener Kampf zwischen Porsche, Ferrari und Aston Martin.
Doch auch bei den Amateuren in der GT-Klasse scheint der Aston Martin gut auf der Strecke in Sao Paulo zu funktionieren. Zwei Bestzeiten bei zwei Trainings deuten an, dass da einiges in Richtung Klassenwertung gehen kann.


Bevor das Rennen am Sonntag startet, stehen noch das dritte freie Training, sowie zwei Qualifikationssessions an. Auch hier dürfte wieder für Spannung garantiert sein. Ebenso die Frage, ob Toyota nach der Pole in Silverstone erneut nach vorne fahren kann, oder ob Audi nach zwei Mal Reihe 1 in Folge den Hattrick schafft.

Freitag, 30. August 2013

Wie entsteht eigentlich ein Eishockeyfeld?

Ein Eisfeld ist vielen ein Begriff, ganz gleich, ob sie passionierter Eishockeyfan sind, oder einfach nur mal Eislaufen waren. Während im Fußball klar ist, wie der Rasen entsteht, bedarf es im Eishockey eines großen Aufwandes, bis die richtige Spielfläche auch spielbar ist. Ich möchte einen kurzen Einblick geben, wie solch eine Eisfläche erstellt wird und wie der Wechsel zwischen Eishockey und beispielsweise Handball in einer solchen Halle gehandhabt wird.

Nötig dafür sind zahlreiche Schritte.

1. Die Vorbereitung
Zunächst wir der Betonboden, der meistens die Basis ist, gründlich mit einer Kehrmaschine gesäubert. Gleichzeitig werden die Kickleisten am Bandenverlauf befestigt. Danach wird meistens die unterirdische Anlage gewartet und überprüft. Schließlich gelten die unter der Halle verlaufenden Rohre als Herzstück der Anlage.

2. Einschalten und Aufspritzen
Danach wird die komplette Halle in einen Kühlschrank verwandelt. Innerhalb von rund einem Tag wird die Innentemperatur von ca. 20°C auf -6 bis -8°C heruntergekühlt.
Wenn die Oberflächentemperatur rund -4,5°C beträgt, geht es mit dem Schlauch auf den ersten Einsatz. Vier bis fünf Mal trägt der Eismeister so in Handarbeit Schicht für Schicht auf. Trotz des Aufwandes macht diese Technik Sinn, zieht das Eis so schneller an.

3. Einfärben
Mit weißer, fettarmer Farbe wird nun die Eisschicht lackiert. Rund 15 12-Liter-Eimer kommen hierfür zum Einsatz, da es auch hier nicht bei einer einzigen Schicht bleibt. Durch die Farbe, die verdünnt aufgetragen wird, wird nicht nur der graue Hallenboden verdeckt, sondern auch gewährleistet, dass der Zuschauer das Spiel besser im Blick hat.

4. Tackern
Anschließend werden die Werbebanner, das Vereinslogo, sowie die Linien und Kreise auf die Eisfläche getackert. Sobald diese fixiert sind, kommt wieder der Eismeister zum Einsatz. Wie zu Beginn werden auch jetzt mehrere dünne Schichten Wasser aufgetragen, die zu Eis frieren.
Anmerkung: Im unten eingefügten Video, welches aus dem nordamerikanischen Profisport stammt, werden die Linien und Banner nicht aufgetackert, sondern direkt auf das Eis gemalt. Es gibt somit zwei verschiedene Alternativen, um die Markierungen auf das Spielfeld, bzw. unter das Spielfeld zu bringen.

Bis solch eine Eisfläche fertig ist, vergeht rund eine Woche. Danach ist die Eisfläche für die Trainings und Spiele einsatzfähig. Am Ende ist das Eis etwa 4 cm dick.

Wie funktioniert nun der Wechsel zwischen Eishockeyfeld und Hallenboden?
Wer sich im Sport auskennt, der weiß, dass sich in Mannheim sowohl die Adler Mannheim, als auch die Rhein-Neckar-Löwen die SAP-Arena als Spielstätte teilen. Meistens finden Spiele nacheinander statt. Wie also verschwindet der Eisboden?
Der Aufwand wäre zu groß, diesen wieder schmelzen zu lassen und vor jedem Eishockeyspiel neu aufzutragen, finden doch meist zwei Mal die Woche Eishockeyspiele statt. Stattdessen gibt es einen abdeckenden Boden, der über das Eis gelegt wird. Auf diesem befinden sich die Markierungen des Handballfeldes. Ebenfalls im Anhang befindet sich ein Artikel, wie das Problem in Bietigheim gelöst worden ist. Ähnliches gilt auch für alle anderen Sportstätten.

Was macht eine Eisbearbeitungsmaschine?
Wer schon einmal auf Kufen auf der Eisfläche stand, der weiß, wie schnell sich diese Fläche abnutzen kann. Binnen weniger Minuten ist die Eisfläche kaum belaufbar. Gleiches gilt natürlich auch im Profisport. Nach jedem Drittel wird das Eis bearbeitet. Zum Einsatz kommt hierbei eine Eisbearbeitungsmaschine (auch Eismaschine genannt, nicht zu verwechseln mit der häuslichen Eismaschine zum Herstellen von Speiseeis). Doch was macht diese genau?
Sobald dieses Gefährt über das Eis rollt spielen sich gleichzeitig verschiedene Prozesse ab.
So befindet sich am Heck der Maschine ein scharfes Messer, welches die oberste Eisschicht weghobelt. Mittels einer Schneckenwelle wird das abgeschabte Eis in die Maschine befördert, in den sogenannten Schneetank.
Hinter diesem Messer wird Waschwasser auf die Fläche aufgetragen, um Pulverschnee aufzulösen, aber auch um Furchen zu glätten. Durch Saugdüsen wird das überschüssige Wasser von der Eisfläche abgepumpt.
Unter dem Schneetank befindet sich ein Warmwassertank. Das warme Wasser (30 - 60°C) wird auf die Eisfläche gesprüht und mit einem Tuch verteilt, um Unebenheiten auszugleichen. Durch das warme Wasser wird die Eisschicht aufgetaut, wodurch sich das neue Wasser mit der alten Eisschicht verschmilzt. Außerdem enthält das warme Wasser weniger Luft, wodurch das Eis nicht so weich wird.
Schließlich befindet sich am Eiswagen noch ein Besen, der die Banden von Schneeresten reinigt. Da das Eis am Rand oftmals dicker ist, als in der Mitte, besitzen die meisten Maschinen noch seitlich ein Messer, welches das Eis wieder auf die richtige Höhe bringt.

Ich hoffe, ich konnte euch einen kleinen Einblick in die Welt hinter dem Sport geben. Folgend noch Quellen, das Video und der Bericht.

Artikel von swp.de: Böden im fliegenden Wechsel
Video (in englischer Sprache): How it's made - Hockey Rink

Quelle:
Zusätzlich kam das Sonderheft der Eishockey News zur Saison 2013/14 zum Einsatz, sowie wikipedia.

Donnerstag, 29. August 2013

Glückwunsch, Franck Ribéry

Inter Mailand hat es 2010 vorgemacht; der FC Bayern München machte es in der letzten Saison nach: Das Triple aus Meisterschaft, Pokalsieg und Champions League. Ein Spieler, der viel dazu beigetragen hat, ist sicherlich Frank Ribéry. Die Franzose, der seit 2007 in München spielt, glänzte nicht nur als Vollstrecker, sondern auch als Vorbereiter. Mit 14 Vorlagen war er in der abgelaufenen Bundesligasaison der erfolgreichste Vorbereiter. Mit 10 Toren belegt er in der Scorerwertung am Ende Rang 3 hinter den beiden Stürmern Kießling und Lewandowski. Über das Meisterjahr der Bayern wurde ja schon viel geschrieben. Daher möchte ich auch hier kaum noch Worte darüber verlieren. Fakt ist: In 42 Saisonspielen war Ribéry an 33 Toren beteiligt. Zwar können seine beiden Mitstreiter, Messi und Ronaldo, ähnliche Torbeteiligungen aufweisen, doch für Ribéry sprechen natürlich die Titel. Während Ronaldo mit Real Madrid in der letzten Saison leer ausging, konnte Messi immerhin mit Barcelona die Meisterschaft gewinnen. Doch die internationale Krönung setze sich der FC Bayern auf. Schon allein deswegen hat es Franck Ribéry verdient.

Aber nicht nur das. Ribéry ist in München mehr als nur ein Fußballer. Das wurde bereits in seinem ersten Jahr deutlich. Der Junge hat Spaß, auch abseits des Platzes. Schnell wurde er zum Spaßkönig des FC Bayern, schonte auch den Titan Oliver Kahn mit seinen Streichen nicht. Dieser Spaß konnte er unnachahmlich auf den Platz übertragen. Die Folge: Am Ende holte der FC Bayern das Double. Mit der Verpflichtung von Louis van Gaal 2009 kam aber ein Leidenskapitel von Ribéry. Auf dem Platz hatte er nicht mehr die nötige kreative Freiheit, worunter auch seine Leistung litt. Nach 2 Jahren war diese Phase aber wieder beendet, als mit Jupp Heynckes ein Trainer kam, der wusste, wie er mit dem Franzosen umzugehen hat. Ribéry bekam alle Freiheiten auf dem Platz und dankte es mit Vorlagen und Toren. Am Ende von Heynckes Amtszeit stand also das Triple.

Was ebenfalls klar ist: Ribéry wird den Verein nicht wieder verlassen. Sein aktueller Vertrag läuft noch bis 2017. Ribéry und der FC Bayern - das passt einfach. Vermutlich wird der Franzose auch seine Karriere dort beenden. Spieler, die ihrem Verein treu sind, es gibt sie anscheinend doch nocht.

Mit Franck Ribéry wurde der richtige Mann zum Fußballer Europas gewählt (so sehr ich Ronaldo auch schätze). Es ist auch eine Anerkennung für den deutschen Vereinsfußball, der sich in den letzten Jahren doch enorm nach vorn entwickelt hat. Nicht zuletzt zeigt sich das dadurch, dass zwei deutsche Mannschaften das Finale der Champions League bestritten. Ich begrüße es sehr, dass nicht Messi, gewonnen hat, obwohl Journalisten und Trainer gerne dazu neigen, den Argentinier auch bei Titellosigkeit mit einer individuellen Auszeichnung zu ehren. Glückwunsch, Franck Ribéry.

Montag, 26. August 2013

Deutschland - Europas Hockeynation Nummer 1

Ein oft unterschätzter Sport in Deutschland ist wohl Hockey. Nicht so populär, wie Fußball. Nicht so aggressiv, wie Eishockey. Nicht so teuer, wie Formel 1. Dafür aber um so erfolgreicher. Vor allem, nach diesem historischen Wochenende, an dem sich Deutschland in die Hockey-Geschichtsbücher eingetragen hat.

Dass der Hockeysport in Deutschland nicht unerfolgreich ist, zeigt der Blick auf die zahlreichen Medaillenspiegeln.
In den Olympischen Wettbewerben stehen (Männer und Frauen zusammen genommen) 5 Olympiasiege, 5 Silber- und 3 Bronzemedaillen und damit Platz 3 der ewigen Rangliste hinter Indien und den Niederlanden. Dabei konnten bei den letzten drei Olympischen Spielen jeweils ein Sieg geholt werden. 2004 in Athen die Frauen; 2008 in Peking und 2012 in London jeweils die Männer.
Bei den Weltmeisterschaften sieht es nicht anders aus. Der Medaillenspiegel der Frauen liest sich wie folgt: je zwei Mal Gold, Silber und Bronze. Noch erfolgreicher sind die Männer. Bei den letzten vier Turnieren konnten sie immer eine Medaille holen. Darunter 2002 und 2006 als Weltmeister die Goldmedaille. Insgesamt stehen 2 Goldmedaillen, zwei Mal Silber und vier Mal Bronze auf der Liste.
Die Hallen-Weltmeisterschaft ist seit je her ein deutsches Herrschaftsgebiet. Bei drei Turnieren holten die Männer drei Mal Gold. Die Frauen zwei Mal Gold und einmal Bronze.
Und nun stand also wieder eine Europameisterschaft an. Dass hier der Erfolg nicht von ungefähr kommt, zeigt sich beim Blick über die Jahrzehnte. Seit dem ersten Turnier im Jahr 1970 holten die Herren bis auf 2007 immer eine Medaille. Acht Mal Europameister, 2 Mal Silber und drei Mal Bronze sorgen dafür, dass die Herren die erfolgreichste Mannschaft Europas im Hockey ist. Die Damen haben immerhin zwei Turniersiege, fünf Mal Silber und drei Mal Bronze. In der Halle sind beide Mannschaften gar noch erfolgreicher. Die Statistik der Herren lautet 13 Gold und ein Mal Silber; bei den Damen 14 Mal Gold, sowie je einmal Silber und Bronze.
Alles zusammen gerechnet kommt man auf unglaubliche 51 Goldmedaillen, 18 Silbermedaillen und 17 Bronzemedaillen. Insgesamt 86 Medaillen!

Kaum einem wird diese Statistik bewusst. Doch die meisten wissen, dass Deutschland 1954, 1974 und 1990 Weltmeister im Fußball wurde. Ich persönlich wusste zwar, dass wir eine sehr erfolgreiche Hockeynation sind, doch dieses Ausmaß war mir nicht bewusst.

Mein Blick soll jetzt aber zur Europameisterschaft gehen, die an diesem Wochenende (24. und 25. August 2013) zu Ende ging.
Zunächst gab es am Samstag das Finale der Frauen. Da es im Free-TV nicht zu sehen war, musste ein Live-Stream herhalten. Denn selbstverständlich wollte ich dieses Spiel sehen. Und was dem Zuschauer da geboten wurde, hätte allemal ins Free-TV gepasst. Tore, Spannung, Freude, Action, Helden. Da war alles dabei, was man sich als Sportfan wünscht. 35 Minuten dauert eine Halbzeit. Nach der ersten stand es 4:3 für die deutschen Damen. Jede fünfte Minute ein Tor. Dabei zeigte sich allemal eine deutsche Tugend, nämlich das Kämpfen. Auch nach Rückstand ließen sich die Damen nicht aus dem Konzept bringen und kämpften sich zurück, schossen Ausgleichstore und schließlich auch die Führung. Spannung kam letztlich auf, als 4 Minuten vor Schluss die Deutschen noch den Ausgleich kassierten und das Spiel in das Penalty-Shoot-Out ging. Dort blühte Kim Platten (Jahrgang 1988) endgültig auf. Schon im Spiel machte die Torfrau eine tolle Figur. Aber das Shoot-Out liegt ihr einfach. Lediglich im Halbfinale ließ sie einen Treffer zu. Im Finale nagelt sie hinten die Bude zu. Keiner der Engländerinnen konnte einen Ball versenken. Am Ende stand es 6:4 nach dem Shoot-Out. Leider gingen zwei der deutschen Nationalspielerinnen ein wenig leichtfertig mit den Schüssen um, kombiniert mit ein wenig Pech. Ansonsten hätte das Shoot-Out auch durchaus glatt 4:0 ausgehen können. Trotzdem war es am Ende der verdiente Sieg und demnach auch ausgelassene Freude. Ich persönlich fand die Geste der Männer Mannschaft toll, die ebenfalls im Stadion war, um die Damen zu unterstützen.
Einen Tag später durften dann auch die Männer ran. Auch sie gerieten früh in Rückstand. Doch dies tat dem Spiel keinen Abbruch. Im Gegenteil. Auch die Herren wussten sie zu motivieren und zurückzuschlagen. Die Belgier hätten durchaus das Zeug gehabt, Europameister zu werden. Aber nicht an diesem Tag und nicht gegen diese deutsche Mannschaft. Am Ende ging das Spiel mit einem souveränen 3:1 aus. Zur Unterstützung waren an diesem Tag die Europameisterinnen im Stadion. Das zeigt auch einen gewissen Zusammenhalt im Sportbereich Hockey.
Ich fand beide Finalspiele toll. Als Manko bleibt allerdings festzuhalten, dass das ZDF, welches das Finalspiel der Männer übertragen hat, direkt nach Abpfiff aus der Sendung raus ging. Da hätte ich mir noch die Siegerehrung gewünscht. Schließlich sollten den Helden auch entsprechende Würdigung zukommen. Trotzdem hat es mir Spaß gemacht, die beiden Spiele zu schauen. Den Videobeweis, der ja im Hockey bereits Gang und Gäbe ist, habe ich nicht als störend, sondern eher als hilfreich empfunden. Vielleicht kann der Fußball davon noch lernen.

Das Fazit wird aber eher ernüchternd ausfallen. Dieser historische Tag wird keinen Boom in Deutschland auslösen. Nur die wenigsten haben überhaupt mitbekommen, dass eine Europameisterschaft war. Selbst auf den Sportseiten im Internet fanden diese Titel noch nicht mal Erwähnung in der Schlagzeile. Sicherlich dominieren Fußball und Formel 1 in Deutschland. Trotzdem hätte ich mir einen größeren Stellenwert gewünscht. Auch wenn es nur für diesen einen Tag gewesen wäre. Ob ich mich zur Situation im Hockey nochmal äußern werde, weiß ich nicht. Eine Idee für einen weiteren Beitrag hätte ich. Aber da schaue ich einfach mal.

Von dieser Seite aus nochmal meinen Glückwunsch an beide Nationalmannschaften zu dieser wirklich herausragenden Leistung. Mal schauen, ob mich mein Blick noch weiter in die Tiefen des Hockeysports führen wird. Es gibt ja auch noch eine Liga in Deutschland.

Sonntag, 25. August 2013

Rotflut und Elfmeterwahn

Regeln müssen eingehalten werden. Schon Kindergartenkindern wird beigebracht, dass sie sich beim Spielen an Regeln halten müssen. Damit diese eingehalten werden, beobachten unparteiische Menschen die Szenerie und greifen bei Bedarf ein.


Deutschlands bekanntestes Spiel, das Fußballspiel, weißt schon seit Jahren etliche Diskussionen über Regeln und Schiedsrichter auf. Immer wieder neu werden nach den Spieltagen die Spielszenen des Wochenendes mit Experten analysiert und ausgewertet. Besonders beliebt sind Entscheidungen von Schiedsrichtern. Angesichts der beeindruckenden Statistik des 3. Spieltags dieser Saison, entbrennt eine neue Welle.


Ich habe einige Szenen gesehen, auch die, die zu den Platzverweisen und Elfmetern führten. Ich möchte mich hier über ein paar Szenen auslassen, da ich denke, dass doch nicht immer die richtige Entscheidungen getroffen worden sind.


Beginnen möchte ich mit zwei Elfmetersituationen. Schauen wir zunächst auf das Spiel in Leverkusen gegen Gladbach. Ein Leverkusener Spieler flankt von außen in den Strafraum. Arango möchte zum Kopfball, kommt aber nicht ran, sodass der Ball über seinen Kopf fliegt. Er hat beide Hände erhoben. Der dahinterstehende Leverkusener köpft den Ball an Arangos Hand. Pfiff vom Schiedsrichter: Elfmeter. Ich finde, dass dies ein Witz ist. Arango konnte den Ball nicht sehen, da er mit dem Rücken zum Ball stand und angeköpft worden ist. Aus dieser Fehlentscheidung resultiert das 1:0. Ich will und kann nicht sagen, ob das Spiel anders verlaufen wäre. Fakt ist, dass solch ein Elfmeter für mich nicht gerechtfertigt ist. Wenn ein Spieler nichts sieht, kann es auch keine Absicht sein. Sollte sich diese Regel durchsetzen, werden am Ende reihenweise Spieler im Strafraum angeschossen, um einen Elfmeter herauszuholen.
Zweites Spiel, das bayrische Derby zwischen dem 1. FC Nürnberg und Bayern München. Robben in einem Zweikampf mit einem Nürnberger, beide kommen zu Fall, Robben schlägt den Ball mit der Hand weg. Die Rangelei im Strafraum war nicht elfmeterwürdig. Das absichtliche Handspiel Robbens hätte mit gelb geahndet werden müssen. Stattdessen gibt es den Elfmeter für den FCB. Alaba verschießt (ausgleichende Gerechtigkeit?). Trotzdem war auch dieser Elfer, so meine Meinung, völlig falsch.
Durch solche Entscheidungen werden Spiele entschieden. Ich finde, die Schiedsrichter sollten da ein besseres Händchen haben. Natürlich ist es schwer binnen Sekunden eine Entscheidung zu treffen. Trotzdem muss nicht bei jeder Kleinigkeit auf den Punkt gezeigt werden. Fußball lebt vom Körperkontakt. Sofern dieser in einem Rahmen ist, spricht meiner Meinung nach nichts dagegen, auch mal Szenen laufen zu lassen.


Was eine gute Überleitung zu dem nächsten Punkt ist. In 9 Spielen gab es 8 Platzverweise. Ein neuer Rekord. Auch hier finde ich, dass nicht jede Karte eine Karte wert war.
Zunächst ein Blick auf die Partie Hoffenheim gegen Freiburg. Salihovic verwandelt den Elfmeter und feiert mit seinen Kollegen im Strafraum. Ein Freiburger Spieler kommt hinzu und spricht irgendwelche Worte (hört man ja im TV nicht). Daraufhin schlägt Salihovic diesem Spieler leicht auf die Wange. Tätlichkeit, rot. Für mich maßlos übertrieben. Das war mehr ein Tätscheln, als ein Schlagen. Zudem weiß man nicht, was der Freiburger Spieler gesagt hat. Es ist durchaus vorstellbar, dass dies in Richtung Provokation ging. Wenn solche Dinge mit rot bestraft werden, werden noch mehr Leute vom Platz fliegen.
Ebenso übertrieben die Karte von Ibrahima Traoré vom VfB Stuttgart gegen den FC Augsburg. Wenn überhaupt kann man diesen Zweikampf mit gelb bestrafen, da der Ball schon weg war. Doch in keinster Weise ist eine rote Karte gerechtfertigt.
In beiden Fällen wurden, meiner Meinung nach, die Spielverläufe maßgeblich zu Lasten der Mannschaften verändert. Allein die Tatsache, dass Freiburg und Schalke mit 9 Spielern zu Ende spielen mussten zeigt, dass die Schiedsrichter mit Platzverweisen um sich werfen. Es kann doch nicht Sinn und Zweck sein, dass ein Spiel mit 8:9 Spielern ausgeht. Natürlich sollen Fouls geahndet werden. Schlimme Fouls oder wiederholte Fouls auch mit Platzverweisen. Aber nicht bei jedem bösen Blick eine Karte ziehen. Der Spielfluss wird ständig unterbunden, Vereine geraten in Nachteile. Ich als Fan rege mich da furchtbar drüber auf. Vor allem, weil bei einer roten Karte, ganz gleich ob gerechtfertigt oder nicht, der Spieler mindestens ein Spiel gesperrt ist.
Ebenso fraglich halte ich die Doppelbestrafung, also rot und Elfmeter, wie bei Benedikt Höwedes (Schalke). Klar, er ist letzter Mann und kommt zu spät. Dann sollte man aber entscheiden, ob man den Spieler verwarnt und das Spiel in einer anderen Form weiterlaufen lässt, oder einen Strafstoß ausspricht. Dadurch gewinnt die gegnerische Mannschaft gleich einen doppelten Vorteil.
Ich persönlich muss sagen, dass ich von der Schiedsrichterleistung an diesem Spieltag nicht immer überzeugt war. Sicherlich ist der Job kein einfacher. Trotzdem sollte im Sinne des Wettbewerbes entschieden werden. Wenn man Salihovic rot zeigt und er vorher provoziert worden ist, dann sollte auch der Provokateuer mit rot fliegen. So lässt man Tür und Tor offen für Beleidigungen.
Zum Thema Videobeweis möchte ich mich vorerst nicht äußern. Doch ich denke, dass da auf jeden Fall noch ein Statement kommen wird. Ich hoffe einfach, dass der nächste Spieltag weniger rotlastig ist.


Anmerkung in eigener Sache
Ich habe mich in diesem Artikel auf die Spiele Hoffenheim-Freiburg, Leverkusen-Gladbach, Bayern-Nürnberg und Augsburg-Stuttgart beschränkt, weil ich diese Spiele auch live gesehen habe, respektive große Teile davon. Ebenso habe ich das Foul von Höwedes gesehen. Daher möchte ich nicht auf die anderen Fouls eingehen, da ich mir hierüber kein Urteil erlauben kann, da ich die Szenen nicht gesehen habe. 


Vettel - Der Dominator

Nachdem Sebastian Vettel die letzten drei Jahre auf Red Bull die Weltmeisterschaft für sich gewinnen konnte, hoffte man in diesem Jahr auf ein wenig Abwechslung. Vor allem, als Kimi Räikkönen das erste Saisonrennen in Melbourne (Australien) gewann, war die Hoffnung groß, dass in dieser Saison ein anderer Fahrer Weltmeister werden könnte. Räikkönen, Alonso, Hamilton, Rosberg oder vielleicht wirklich ein Außenseiter. Doch Vettel wusste die Zuschauer und Journalisten eines besseren zu lehren.

Vettel als Dominator der Saison. In 11 Qualifyings holte er vier Mal den Spitzenplatz. Zudem setzte er sich in jeder Qualifikation gegen seinen Teamkollegen durch und hat damit mit Niko Hülkenberg als einziger eine weiße Weste. Doch auch in den Rennen zeigt sich, dass Vettel die Saison gestalten kann, wie er möchte. Lediglich beim Rennen in Silverstone konnte er auf Grund eines Getriebefehlers keine Punkte sammeln. Ein Vorfall, der nicht zu Lasten des Fahrers zu rechnen ist. Die beiden vierten Plätze in China und Spanien waren dabei seine schlechtesten Ergebnisse. Bisher stehen 5 Siege zu Buche. Gleich viele hatte er bei seinen WM-Titeln von 2010 und 2012. Vettel scheint unerreichbar, auch, weil die Konkurrenz nicht fähig ist ein Auto zu bauen, welches dem Red Bull Paroli bieten kann.
Da haben wir zunächst auf der teaminternen Seite Mark Webber. Er hat (vermutlich) das gleiche Ausgangsmaterial wie Vettel, darf aber nicht gewinnen, da er nur die Nummer 2 im Team ist und die Konzentration bei Red Bull ganz klar bei Sebastian Vettel liegt. So darf der Heppenheimer auch dann überholen, wenn aus der Box der Waffenstillstand ausgerufen wird. Daher fällt Webber aus dem Kampf um die WM-Krone schon mal raus.
Schwere Wege muss auch Kimi Räikkönen gehen. So war er bis zum Grand Prix in Belgien die Nummer zwei in der Fahrerwertung. Mit Konstanz hat er sich dorthin gearbeitet, holte 26 Rennen in Folge Punkte. Doch nicht immer war der große Wurf dabei. Bisher gelangen ihm im Lotus zwei Rennsiege - in jeder Saison einer. Zu wenig, um Weltmeister zu werden, schaut man sich doch die Punkteverteilung für die Ränge an. Oftmals fehlt dem Lotus einfach der Speed. Trotz DRS können auf Geraden keine Meter gut gemacht werden. Das Problem bei Lotus liegt aber wo anders. Dem Team fehlt das nötige Geld, um bei den ganz Großen mitspielen zu können. Schon im letzten Jahr lebte das Team über die Verhältnisse hinaus, in dieser Saison sieht es nicht anders aus. So werden gegen Ende der Saison weniger Updates kommen, als bei den anderen Konkurrenten. Als Fan des Finnen hätte ich mir natürlich gewünscht, dass es mit dem zweiten Titel nach 2007 klappt. Trotzdem ist das Team (noch) nicht in der Lage mit den „Großen“ mithalten zu können. Bleibt abzuwarten, wie sich das Team entwickelt und wie die Fahrerpaarung für 2014 aussehen wird. Für 2013 wird es aber schwer, den dritten Platz in der Fahrerwertung zu verteidigen, wenngleich Räikkönen das Maximum aus dem Auto herausholt.
Ähnliches gilt für den Ferrari. Die Scuderia hinkt weit hinter den Erwartungen zurück. Vor der Sommerpause merkte Alonso gar an, dass das einzige, was die Saison retten könnte, ein Auto von Red Bull wäre. Zwar punktet der Spanier einigermaßen konstant, doch für die großen Punkte fehlt es oft. Alonso kann zu wenig Punkte auf Vettel gut machen. Vermutlich spielen aber auch Unstimmigkeiten im Team eine Rolle, ist der F138 sicherlich kein schlechter Rennwagen, waren auch die Updates nicht so fortschrittlich, wie erwartet. Der Druck in Italien ist groß. Der letzte Titel stammt aus dem Jahr 2007 von Kimi Räikkönen. Eine zu lange Zeit.
Zuletzt gibt es noch die Konkurrenz aus Deutschland aus dem Hause Mercedes. Es wurde einiges umstrukturiert. Norbert Haug wurde durch Toto Wolff ersetzt. Niki Lauda wurde in den Aufsichtsrat befördert. Hinzu kommt ein streitbarer Reifentest für Pirelli, welcher dem Team anscheinend zum Aufschwung verholfen hat, wenngleich das Team schon vorher schnell war. Trotzdem kann Mercedes nur eine ernsthafte Rolle spielen, wenn sie in den restlichen Rennen die Konkurrenz dominieren. Dies wird, angesichts der Leistung von Vettel nach der Sommerpause, eher nicht möglich sein.
Mit einer ungeahnten Leichtigkeit gewann Vettel den Grand Prix in Belgien. Interessanter wird aber der Blick auf die restlichen Saisonrennen, insbesondere im Vergleich mit den letzten drei Weltmeisterjahren Vettels.
GP Italien: 4, 1, 22 (technische Probleme)
GP Singapur: 2, 1, 1
GP Japan: 1, 3, 1
GP Südkorea: DNF (Fahrfehler), 1, 1
GP Indien: 1, 1
GP Abu Dhabi: 1, DNF (Reifenschaden), 3
GP Brasilien: 1, 2, 6
GP USA: 2

So zeigt sich, dass Italien im Vergleich kein richtig gutes Pflaster für Vettel ist, wenngleich er hier auf Toro Rosso seinen ersten GP-Sieg feiern konnte. Dieses Manko fällt aber kaum ins Gewicht, hat Vettel doch mittlerweile 46 Punkte Vorsprung auf Alonso. Selbst bei zwei Rennsiegen von Alonso müsste Vettel zwei Nullnummern hinlegen, um den Vorsprung zu verlieren. Denn nach der Europa-Tour blüht Vettel auf. Singapur, Japan, Südkorea und Indien sind Strecken, die Vettel und Red Bull liegen. Es ist unwahrscheinlich, dass sich in diesem Jahr etwas ändern sollte. Sollte Vettel erneut die Leistungen aus den Vorjahren zeigen können, wird dem vierten WM-Titel in Folge nichts mehr im Wege stehen.

Was bleibt als Fazit?
Die Hoffnung, dass die restlichen Rennen, sollten sie wirklich von Vettel beherrscht werden, zumindest nicht in die Kategorie „langweilig“ gehören, sondern eine Portion Spannung aufweisen können. Als Kimi-Fan hoffe ich natürlich noch auf den einen oder anderen Rennsieg, was aber nicht gerade leicht wird. Vielleicht klappt es ja doch noch mit einem Platz unter den ersten drei.
Ansonsten hoffe ich, dass es in den nächsten Jahren nicht laufen wird, wie unter Michael Schumacher zu Beginn des Jahrtausends, als er 5 Weltmeisterschaften in Folge gewinnen konnte. Mit vier Titeln ist Vettel auf jeden Fall auf dem Weg dorthin. In diesem Sinne: Auf in die zweite Hälfte der Saison. Auf nach Monza.

Donnerstag, 22. August 2013

Neue Wege in Hoffenheim

Nicht viele Clubs genießen ein positives Ansehen in der Bundesliga. Der FC Bayern ist generell verhasst - konsequent von jedem anderen Bundesligisten. Der VfL Wolfsburg gehört, auf Grund der Sponsorentätigkeit von VW, auch nicht zu den beliebtesten Kindern im Oberhaus. Einen ähnlichen, vielleicht auch schlimmeren, Ruf genießt auch die TSG 1899 Hoffenheim.
Rufe wie "Ohne Hopp, wärt ihr gar nicht hier", "Tradition kann man nicht kaufen", "18,99 Euro" und "TSG Hoppenheim" sind an der Tagesordnung. Kaum verwunderlich, hält doch der Verein mit der Verpflichtung von Carlos Eduardo von 2007 mit 8 Millionen Euro den mit Abstand teuersten Transfer der 2. Bundesliga. Doch auch namhafte Spieler wie Wiese, Obasi, Ba, Beck, Weis und Co fanden den Weg in den Kraichgau. Nicht zuletzt wechselte gar Joselu vom spanischen Rekordmeister Real Madrid zur TSG nach Hoffenheim.
Trotzdem gab es einen Umschwung. War der Fußball in der Aufstiegssaison 2008/2009 noch erfrischend und schön anzuschauen, konnte die Mannschaft die folgenden Jahren nicht wieder an diesen Stil anknüpfen. Stattdessen wurde versucht etwas zu erzwingen, was nicht erzwingbar war: Ein Platz, der für das internationale Geschäft qualifiziert. Es wurde gekauft, gekauft und gekauft. Ob Spieler in ein mögliches System passten, spielte dabei keine Rolle. Dass hinter dem Verein auch kein Konzept stand, hat sich in der Saison 2012/2013 gezeigt. Mit Markus Babbel, Frank Kramer, Marco Kurz und Markus Gisdol gab es vier Trainer binnen einer Saison. Doch spätestens da, als der Abstieg nur noch eine Frage der Zeit war, gab es die Wende.
Markus Gisdol hat das Ruder übernommen und dem Team seinen Stempel aufgedrückt. Er übernahm das Team auf Rang 17 und führte es, fast schon überraschend, noch in die Relegation. Dort ließ man dem 1. FC Kaiserslautern nicht den Hauch einer Chance zum Aufstieg. Die Sommerpause wurde dann für strukturelle Veränderungen genutzt. Alexander Rosen, mittlerweile Leiter Profifußball, machte sich an die Umsetzung heran. Das Ziel: Weniger Einkäufe, mehr auf die eigene Jugend setzen. Laut Transfermarkt.de liegt das Durchschnittsalter bei 24,1 Jahren. Natürlich wurden weiterhin Spieler verpflichtet. Doch waren es in diesem Jahr weniger blinde Verzweiflungskäufe, als vielmehr wohl überlegte Transfers. Es wurden nach Spieler gesucht, die ins Konzept und in die Anforderungen passen. Bestes Beispiel: Anthony Modeste, 25 Jahre alt, kam für 4,5 Millionen aus Bordeaux. Nach 2 Spielen stehen 3 Tore auf dem Konto. Ebenso wurde die Anfrage für Roberto Firmino aus Russland konsequent abgeblockt. Die Folge: Gegen Hamburg erzielte der Brasilianer 2 Tore, bereitete die anderen 3 vor. Wäre das Tor von Kevin Volland am ersten Spieltag gegen Nürnberg gegeben worden (der Ball war ganz klar hinter der Linie), stünden jetzt 6 Punkte aus 2 Spielen zu Buche. Trotzdem sind die 4 Punkte eine ganz andere Leistung als letzte Saison. Die Mannschaft hat schöne Spielzüge und auch die nötige Kreativität. Gesehen hat man diese Veränderung am 2. Spieltag gegen den HSV. Sicherlich herrschen beim norddeutschen Club große Probleme. Doch was Hoffenheim gezeigt hat, erinnerte stellenweise an ein Trainingsspiel. Am Ende war es ein überragender 5:1 Auswärtssieg. Spielt die Mannschaft so weiter, kann sie zur Überraschung der Saison werden.
Vergessen sind die Schlagzeilen um die "Trainingsgruppe 2" um Tim Wiese, Matthieu Delpierre, Tobias Weis, Eren Derdyiok und Co. Stattdessen lässt man Gisdol in Ruhe arbeiten. Und diese Arbeit zeigt sich nicht durch große Sprüche, sondern durch Bescheidenheit. Gisdol hat anscheinend der Blick für das Wesentliche. So hat Firmino letztens in einem Interview betont, dass er jetzt erst richtig angekommen sei, obwohl er schon seit 2011 in Hoffenheim weilt. Auch Kapitän Andreas Beck weiß um die Qualitäten seines neuen Trainers Bescheid: „Der Trainer hat einen hervorragenden Plan auf den Tisch gelegt und wir wussten, wenn wir den umsetzen, gewinnen wir.“ Sollte es ihm gelingen, die jungen Spieler in die Mannschaft einzubauen, wie es bei Kevin Volland der Fall war, hat die Mannschaft zudem noch Potential für die Zukunft. Und wer weiß, wohin es für die Kraichgauer in dieser Saison noch gehen kann. Sollte die Leistung weiterhin so stimmen, wird die TSG nichts mit dem Abstieg zu tun haben.