Donnerstag, 22. August 2013

Neue Wege in Hoffenheim

Nicht viele Clubs genießen ein positives Ansehen in der Bundesliga. Der FC Bayern ist generell verhasst - konsequent von jedem anderen Bundesligisten. Der VfL Wolfsburg gehört, auf Grund der Sponsorentätigkeit von VW, auch nicht zu den beliebtesten Kindern im Oberhaus. Einen ähnlichen, vielleicht auch schlimmeren, Ruf genießt auch die TSG 1899 Hoffenheim.
Rufe wie "Ohne Hopp, wärt ihr gar nicht hier", "Tradition kann man nicht kaufen", "18,99 Euro" und "TSG Hoppenheim" sind an der Tagesordnung. Kaum verwunderlich, hält doch der Verein mit der Verpflichtung von Carlos Eduardo von 2007 mit 8 Millionen Euro den mit Abstand teuersten Transfer der 2. Bundesliga. Doch auch namhafte Spieler wie Wiese, Obasi, Ba, Beck, Weis und Co fanden den Weg in den Kraichgau. Nicht zuletzt wechselte gar Joselu vom spanischen Rekordmeister Real Madrid zur TSG nach Hoffenheim.
Trotzdem gab es einen Umschwung. War der Fußball in der Aufstiegssaison 2008/2009 noch erfrischend und schön anzuschauen, konnte die Mannschaft die folgenden Jahren nicht wieder an diesen Stil anknüpfen. Stattdessen wurde versucht etwas zu erzwingen, was nicht erzwingbar war: Ein Platz, der für das internationale Geschäft qualifiziert. Es wurde gekauft, gekauft und gekauft. Ob Spieler in ein mögliches System passten, spielte dabei keine Rolle. Dass hinter dem Verein auch kein Konzept stand, hat sich in der Saison 2012/2013 gezeigt. Mit Markus Babbel, Frank Kramer, Marco Kurz und Markus Gisdol gab es vier Trainer binnen einer Saison. Doch spätestens da, als der Abstieg nur noch eine Frage der Zeit war, gab es die Wende.
Markus Gisdol hat das Ruder übernommen und dem Team seinen Stempel aufgedrückt. Er übernahm das Team auf Rang 17 und führte es, fast schon überraschend, noch in die Relegation. Dort ließ man dem 1. FC Kaiserslautern nicht den Hauch einer Chance zum Aufstieg. Die Sommerpause wurde dann für strukturelle Veränderungen genutzt. Alexander Rosen, mittlerweile Leiter Profifußball, machte sich an die Umsetzung heran. Das Ziel: Weniger Einkäufe, mehr auf die eigene Jugend setzen. Laut Transfermarkt.de liegt das Durchschnittsalter bei 24,1 Jahren. Natürlich wurden weiterhin Spieler verpflichtet. Doch waren es in diesem Jahr weniger blinde Verzweiflungskäufe, als vielmehr wohl überlegte Transfers. Es wurden nach Spieler gesucht, die ins Konzept und in die Anforderungen passen. Bestes Beispiel: Anthony Modeste, 25 Jahre alt, kam für 4,5 Millionen aus Bordeaux. Nach 2 Spielen stehen 3 Tore auf dem Konto. Ebenso wurde die Anfrage für Roberto Firmino aus Russland konsequent abgeblockt. Die Folge: Gegen Hamburg erzielte der Brasilianer 2 Tore, bereitete die anderen 3 vor. Wäre das Tor von Kevin Volland am ersten Spieltag gegen Nürnberg gegeben worden (der Ball war ganz klar hinter der Linie), stünden jetzt 6 Punkte aus 2 Spielen zu Buche. Trotzdem sind die 4 Punkte eine ganz andere Leistung als letzte Saison. Die Mannschaft hat schöne Spielzüge und auch die nötige Kreativität. Gesehen hat man diese Veränderung am 2. Spieltag gegen den HSV. Sicherlich herrschen beim norddeutschen Club große Probleme. Doch was Hoffenheim gezeigt hat, erinnerte stellenweise an ein Trainingsspiel. Am Ende war es ein überragender 5:1 Auswärtssieg. Spielt die Mannschaft so weiter, kann sie zur Überraschung der Saison werden.
Vergessen sind die Schlagzeilen um die "Trainingsgruppe 2" um Tim Wiese, Matthieu Delpierre, Tobias Weis, Eren Derdyiok und Co. Stattdessen lässt man Gisdol in Ruhe arbeiten. Und diese Arbeit zeigt sich nicht durch große Sprüche, sondern durch Bescheidenheit. Gisdol hat anscheinend der Blick für das Wesentliche. So hat Firmino letztens in einem Interview betont, dass er jetzt erst richtig angekommen sei, obwohl er schon seit 2011 in Hoffenheim weilt. Auch Kapitän Andreas Beck weiß um die Qualitäten seines neuen Trainers Bescheid: „Der Trainer hat einen hervorragenden Plan auf den Tisch gelegt und wir wussten, wenn wir den umsetzen, gewinnen wir.“ Sollte es ihm gelingen, die jungen Spieler in die Mannschaft einzubauen, wie es bei Kevin Volland der Fall war, hat die Mannschaft zudem noch Potential für die Zukunft. Und wer weiß, wohin es für die Kraichgauer in dieser Saison noch gehen kann. Sollte die Leistung weiterhin so stimmen, wird die TSG nichts mit dem Abstieg zu tun haben.

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