Nicht viele Clubs genießen ein positives Ansehen in der
Bundesliga. Der FC Bayern ist generell verhasst - konsequent von
jedem anderen Bundesligisten. Der VfL Wolfsburg gehört, auf Grund
der Sponsorentätigkeit von VW, auch nicht zu den beliebtesten
Kindern im Oberhaus. Einen ähnlichen, vielleicht auch schlimmeren,
Ruf genießt auch die TSG 1899 Hoffenheim.
Rufe wie "Ohne Hopp, wärt ihr gar nicht hier",
"Tradition kann man nicht kaufen", "18,99 Euro"
und "TSG Hoppenheim" sind an der Tagesordnung. Kaum
verwunderlich, hält doch der Verein mit der Verpflichtung von Carlos
Eduardo von 2007 mit 8 Millionen Euro den mit Abstand teuersten
Transfer der 2. Bundesliga. Doch auch namhafte Spieler wie Wiese,
Obasi, Ba, Beck, Weis und Co fanden den Weg in den Kraichgau. Nicht
zuletzt wechselte gar Joselu vom spanischen Rekordmeister Real Madrid
zur TSG nach Hoffenheim.
Trotzdem gab es einen Umschwung. War der Fußball in der
Aufstiegssaison 2008/2009 noch erfrischend und schön anzuschauen,
konnte die Mannschaft die folgenden Jahren nicht wieder an diesen
Stil anknüpfen. Stattdessen wurde versucht etwas zu erzwingen, was
nicht erzwingbar war: Ein Platz, der für das internationale Geschäft
qualifiziert. Es wurde gekauft, gekauft und gekauft. Ob Spieler in
ein mögliches System passten, spielte dabei keine Rolle. Dass hinter
dem Verein auch kein Konzept stand, hat sich in der Saison 2012/2013
gezeigt. Mit Markus Babbel, Frank Kramer, Marco Kurz und Markus
Gisdol gab es vier Trainer binnen einer Saison. Doch spätestens da,
als der Abstieg nur noch eine Frage der Zeit war, gab es die Wende.
Markus Gisdol hat das Ruder übernommen und dem Team seinen
Stempel aufgedrückt. Er übernahm das Team auf Rang 17 und führte
es, fast schon überraschend, noch in die Relegation. Dort ließ man
dem 1. FC Kaiserslautern nicht den Hauch einer Chance zum Aufstieg.
Die Sommerpause wurde dann für strukturelle Veränderungen genutzt.
Alexander Rosen, mittlerweile Leiter Profifußball, machte sich an
die Umsetzung heran. Das Ziel: Weniger Einkäufe, mehr auf die eigene
Jugend setzen. Laut Transfermarkt.de liegt das Durchschnittsalter bei
24,1 Jahren. Natürlich wurden weiterhin Spieler verpflichtet. Doch
waren es in diesem Jahr weniger blinde Verzweiflungskäufe, als
vielmehr wohl überlegte Transfers. Es wurden nach Spieler gesucht,
die ins Konzept und in die Anforderungen passen. Bestes Beispiel:
Anthony Modeste, 25 Jahre alt, kam für 4,5 Millionen aus Bordeaux.
Nach 2 Spielen stehen 3 Tore auf dem Konto. Ebenso wurde die Anfrage
für Roberto Firmino aus Russland konsequent abgeblockt. Die Folge:
Gegen Hamburg erzielte der Brasilianer 2 Tore, bereitete die anderen
3 vor. Wäre das Tor von Kevin Volland am ersten Spieltag gegen
Nürnberg gegeben worden (der Ball war ganz klar hinter der Linie),
stünden jetzt 6 Punkte aus 2 Spielen zu Buche. Trotzdem sind die 4
Punkte eine ganz andere Leistung als letzte Saison. Die Mannschaft
hat schöne Spielzüge und auch die nötige Kreativität. Gesehen hat
man diese Veränderung am 2. Spieltag gegen den HSV. Sicherlich
herrschen beim norddeutschen Club große Probleme. Doch was
Hoffenheim gezeigt hat, erinnerte stellenweise an ein Trainingsspiel.
Am Ende war es ein überragender 5:1 Auswärtssieg. Spielt die
Mannschaft so weiter, kann sie zur Überraschung der Saison werden.
Vergessen sind die Schlagzeilen um die
"Trainingsgruppe 2" um Tim Wiese, Matthieu Delpierre,
Tobias Weis, Eren Derdyiok und Co. Stattdessen lässt man Gisdol in
Ruhe arbeiten. Und diese Arbeit zeigt sich nicht durch große
Sprüche, sondern durch Bescheidenheit. Gisdol hat anscheinend der
Blick für das Wesentliche. So hat Firmino letztens in einem
Interview betont, dass er jetzt erst richtig angekommen sei, obwohl
er schon seit 2011 in Hoffenheim weilt. Auch Kapitän Andreas Beck
weiß um die Qualitäten seines neuen Trainers Bescheid: „Der
Trainer hat einen hervorragenden Plan auf den Tisch gelegt und wir
wussten, wenn wir den umsetzen, gewinnen wir.“ Sollte es ihm
gelingen, die jungen Spieler in die Mannschaft einzubauen, wie es bei
Kevin Volland der Fall war, hat die Mannschaft zudem noch Potential
für die Zukunft. Und wer weiß, wohin es für die Kraichgauer in
dieser Saison noch gehen kann. Sollte die Leistung weiterhin so
stimmen, wird die TSG nichts mit dem Abstieg zu tun haben.
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