Ein oft unterschätzter Sport in Deutschland ist wohl Hockey. Nicht so populär, wie Fußball. Nicht so aggressiv, wie Eishockey. Nicht so teuer, wie Formel 1. Dafür aber um so erfolgreicher. Vor allem, nach diesem historischen Wochenende, an dem sich Deutschland in die Hockey-Geschichtsbücher eingetragen hat.
Dass der Hockeysport in Deutschland nicht unerfolgreich ist, zeigt der Blick auf die zahlreichen Medaillenspiegeln.
In den Olympischen Wettbewerben stehen (Männer und Frauen zusammen genommen) 5 Olympiasiege, 5 Silber- und 3 Bronzemedaillen und damit Platz 3 der ewigen Rangliste hinter Indien und den Niederlanden. Dabei konnten bei den letzten drei Olympischen Spielen jeweils ein Sieg geholt werden. 2004 in Athen die Frauen; 2008 in Peking und 2012 in London jeweils die Männer.
Bei den Weltmeisterschaften sieht es nicht anders aus. Der Medaillenspiegel der Frauen liest sich wie folgt: je zwei Mal Gold, Silber und Bronze. Noch erfolgreicher sind die Männer. Bei den letzten vier Turnieren konnten sie immer eine Medaille holen. Darunter 2002 und 2006 als Weltmeister die Goldmedaille. Insgesamt stehen 2 Goldmedaillen, zwei Mal Silber und vier Mal Bronze auf der Liste.
Die Hallen-Weltmeisterschaft ist seit je her ein deutsches Herrschaftsgebiet. Bei drei Turnieren holten die Männer drei Mal Gold. Die Frauen zwei Mal Gold und einmal Bronze.
Und nun stand also wieder eine Europameisterschaft an. Dass hier der Erfolg nicht von ungefähr kommt, zeigt sich beim Blick über die Jahrzehnte. Seit dem ersten Turnier im Jahr 1970 holten die Herren bis auf 2007 immer eine Medaille. Acht Mal Europameister, 2 Mal Silber und drei Mal Bronze sorgen dafür, dass die Herren die erfolgreichste Mannschaft Europas im Hockey ist. Die Damen haben immerhin zwei Turniersiege, fünf Mal Silber und drei Mal Bronze. In der Halle sind beide Mannschaften gar noch erfolgreicher. Die Statistik der Herren lautet 13 Gold und ein Mal Silber; bei den Damen 14 Mal Gold, sowie je einmal Silber und Bronze.
Alles zusammen gerechnet kommt man auf unglaubliche 51 Goldmedaillen, 18 Silbermedaillen und 17 Bronzemedaillen. Insgesamt 86 Medaillen!
Kaum einem wird diese Statistik bewusst. Doch die meisten wissen, dass Deutschland 1954, 1974 und 1990 Weltmeister im Fußball wurde. Ich persönlich wusste zwar, dass wir eine sehr erfolgreiche Hockeynation sind, doch dieses Ausmaß war mir nicht bewusst.
Mein Blick soll jetzt aber zur Europameisterschaft gehen, die an diesem Wochenende (24. und 25. August 2013) zu Ende ging.
Zunächst gab es am Samstag das Finale der Frauen. Da es im Free-TV nicht zu sehen war, musste ein Live-Stream herhalten. Denn selbstverständlich wollte ich dieses Spiel sehen. Und was dem Zuschauer da geboten wurde, hätte allemal ins Free-TV gepasst. Tore, Spannung, Freude, Action, Helden. Da war alles dabei, was man sich als Sportfan wünscht. 35 Minuten dauert eine Halbzeit. Nach der ersten stand es 4:3 für die deutschen Damen. Jede fünfte Minute ein Tor. Dabei zeigte sich allemal eine deutsche Tugend, nämlich das Kämpfen. Auch nach Rückstand ließen sich die Damen nicht aus dem Konzept bringen und kämpften sich zurück, schossen Ausgleichstore und schließlich auch die Führung. Spannung kam letztlich auf, als 4 Minuten vor Schluss die Deutschen noch den Ausgleich kassierten und das Spiel in das Penalty-Shoot-Out ging. Dort blühte Kim Platten (Jahrgang 1988) endgültig auf. Schon im Spiel machte die Torfrau eine tolle Figur. Aber das Shoot-Out liegt ihr einfach. Lediglich im Halbfinale ließ sie einen Treffer zu. Im Finale nagelt sie hinten die Bude zu. Keiner der Engländerinnen konnte einen Ball versenken. Am Ende stand es 6:4 nach dem Shoot-Out. Leider gingen zwei der deutschen Nationalspielerinnen ein wenig leichtfertig mit den Schüssen um, kombiniert mit ein wenig Pech. Ansonsten hätte das Shoot-Out auch durchaus glatt 4:0 ausgehen können. Trotzdem war es am Ende der verdiente Sieg und demnach auch ausgelassene Freude. Ich persönlich fand die Geste der Männer Mannschaft toll, die ebenfalls im Stadion war, um die Damen zu unterstützen.
Einen Tag später durften dann auch die Männer ran. Auch sie gerieten früh in Rückstand. Doch dies tat dem Spiel keinen Abbruch. Im Gegenteil. Auch die Herren wussten sie zu motivieren und zurückzuschlagen. Die Belgier hätten durchaus das Zeug gehabt, Europameister zu werden. Aber nicht an diesem Tag und nicht gegen diese deutsche Mannschaft. Am Ende ging das Spiel mit einem souveränen 3:1 aus. Zur Unterstützung waren an diesem Tag die Europameisterinnen im Stadion. Das zeigt auch einen gewissen Zusammenhalt im Sportbereich Hockey.
Ich fand beide Finalspiele toll. Als Manko bleibt allerdings festzuhalten, dass das ZDF, welches das Finalspiel der Männer übertragen hat, direkt nach Abpfiff aus der Sendung raus ging. Da hätte ich mir noch die Siegerehrung gewünscht. Schließlich sollten den Helden auch entsprechende Würdigung zukommen. Trotzdem hat es mir Spaß gemacht, die beiden Spiele zu schauen. Den Videobeweis, der ja im Hockey bereits Gang und Gäbe ist, habe ich nicht als störend, sondern eher als hilfreich empfunden. Vielleicht kann der Fußball davon noch lernen.
Das Fazit wird aber eher ernüchternd ausfallen. Dieser historische Tag wird keinen Boom in Deutschland auslösen. Nur die wenigsten haben überhaupt mitbekommen, dass eine Europameisterschaft war. Selbst auf den Sportseiten im Internet fanden diese Titel noch nicht mal Erwähnung in der Schlagzeile. Sicherlich dominieren Fußball und Formel 1 in Deutschland. Trotzdem hätte ich mir einen größeren Stellenwert gewünscht. Auch wenn es nur für diesen einen Tag gewesen wäre. Ob ich mich zur Situation im Hockey nochmal äußern werde, weiß ich nicht. Eine Idee für einen weiteren Beitrag hätte ich. Aber da schaue ich einfach mal.
Von dieser Seite aus nochmal meinen Glückwunsch an beide Nationalmannschaften zu dieser wirklich herausragenden Leistung. Mal schauen, ob mich mein Blick noch weiter in die Tiefen des Hockeysports führen wird. Es gibt ja auch noch eine Liga in Deutschland.
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