Dienstag, 12. November 2013

Die Crux mit dem Geld

Geld regiert die Welt. Dieser Spruch ist nicht nur für den Bereich der Politik gültig. Auch im Sportgeschäft dreht sich alles um das große Geld. Insbesondere in Zeiten, in denen wenig Geld zur Verfügung steht, werden größere, finanzielle Optionen doch gerne gezogen. Die Frage ist aber: Auf wessen Kosten geschieht das? Aktuell stellt sich diese Frage in der Formel 1, wo es seit geraumer Zeit heißt: Paydriver oder Talent?

Paydriver, Bezahlfahrer. Ein Begriff, der schon seit längerer Zeit Einzug in die Formel 1 erhalten hat. Es handelt sich hierbei um Fahrer, die zwar nicht das große Talent mitbringen, dafür aber zahlungskräftige Sponsoren. Immer wieder fallen sie auf - weniger durch Leistung, als vielmehr durch ungeschicktes Fahrverhalten, was nicht selten in Unfällen endet. Trotzdem findet die Verpflichtung solcher Fahrer regen Zulauf. Zum Leidwesen talentierter Fahrer.

Nick Heidfeld ist ein Name, den vermutlich jeder Motorsportfan kennt. Aktuell fährt der Mönchengladbacher in der World Endurance Championship (WEC; Langstrecken-Weltmeisterschaft) für das Schweizer Rebellion Racing, welches sich hinter Audi und Toyota als Nummer drei etabliert hat. Doch Heidfeld darf auch auf eine Formel 1-Karriere zurückblicken. Ein sicherlich turbulentes Kapitel dürfte hierbei die Saison 2011 sein. Nach der Saison 2010 stand Heidfeld ohne Cockpit da. Im Januar 2011 verletzte sich Robert Kubica bei einer Rallye so schwer, dass die Formel 1-Saison gelaufen war. Somit sicherte sich Renault die Dienste von Heidfeld. Allerdings währte sein Glück von kurzer Dauer, da eben jener Deutsche keine zahlungskräftigen Sponsoren hinter sich hatte. So musste er nach nur elf Rennen das Team wieder verlassen und wurde durch den finanziell besser aufgestellten Brasilianer Bruno Senna ersetzt. Eben jener ist zwar Neffe das legendären Ayrton Senna, doch mit weitaus weniger Talent gesegnet, als sein Onkel.
Ein kurzer Vergleich: Heidfeld fuhr in 11 Rennen 34 Punkte ein, davon ein dritter Platz in Malaysia (Schnitt: 3,1 Punkte pro Rennen). Senna holte in acht Rennen, zwei Punkte (Schnitt: 0,25 Punkte pro Rennen). Heidfeld belegte am Ende der Saison Rang 11 in der Endwertung; Senna Rang 18. Witali Petrov, der die komplette Saison fahren durfte, war mit 37 Punkten in 19 Rennen (Schnitt: 1,94 Punkte pro Rennen) und Rang 10 lediglich einen Platz besser in der Endwertung, als Heidfeld. Nach Heidfelds Abgang, konnte Renault nicht mehr an die vorher erzielten Leistungen anknüpfen. So holte Petrov in den ausstehenden acht Rennen lediglich 5 Punkte. Sicherlich bleibt es Spekulation, wie die weitere Saison für Heidfeld verlaufen wäre. Trotzdem lügen die Zahlen, die vorliegen nicht, und sprechen doch eine deutliche Sprache.

Doch Heidfeld ist bei weitem nicht das einzige (deutsche) Opfer. Wir schreiben das Jahr 2010. Der 23jährige Nico Hülkenberg gibt für Williams sein Debüt. Es wäre gelogen zu behaupten, Hülkenberg würde kein Talent mitbringen. In seinem ersten Jahr gelang ihm im unterlegenen Williams der 14te Rang der WM-Wertung (22 Punkte). Unvergessen allerdings, wie er im letzten Rennen überraschend und sensationell zugleich in Brasilien auf die Pole Position fuhr. Sein letztes Rennen für Williams – in der Folgesaison bekam Pastor Maldonado (Venezuela) das Cockpit. Und Hülkenberg wurde arbeitslos. Erst durch Vijay Mallya bekam er 2012 eine weitere Chance, als er einen Vertrag bei Force India bekam.
Williams letzte Erfolge liegen lange zurück. Der letzte Sieg datiert aus dem Jahr 2003, damals noch mit BMW-Power und Juan-Pablo Montoya und Ralf Schumacher im Cockpit. Die letzten WM-Erfolge finden sich gar in den 90ern als Damon Hill (1996) und Jacques Villeneuve (1997) zwei Mal in Folge den Fahrertitel holen konnten. Danach ging es bergab, bis BMW einstieg. Mit deren Ausstieg ging es wiederum zurück ins Mittelfeld. Wie so oft, liegt der Grund darin im Finanziellen. Da kommt es gerade recht, dass Maldonado mit der venezuelanischen Regierung und deren Dollars im Rücken ein Cockpit in der Formel 1 anstrebt. In den Medien wird von einer Summe von 40 Mio. Dollar gesprochen, die Maldonado mitbringen würde. Kein unwesentlicher Punkt für die nächste Ausführung.

Denn genau die beiden Piloten stehen wieder im Rampenlicht. Dieses Mal für die Saison 2014.
Lotus konnte zur Saison 2012 mit einer spektakulären Verpflichtung auf dem Transfermarkt überraschen. Ex-Weltmeister Kimi Räikkönen gab nach zwei Jahren Abstinenz sein Comeback in der Königsklasse. Der Finne konnte einen positiven Effekt auf das Team ausüben, sodass Lotus in die vorderen Ränge fahren konnte. So konnte Räikkönen nicht nur einen Sieg in der Comeback-Saison erreichen, sondern auch Platz 3 am Ende in der WM-Wertung. Diese Leistungen wurden von den anderen Teams wahrgenommen und schon befand sich Räikkönen, der seine Leistungen bestätigen konnte, in diesem Jahr wieder auf dem Transfermarkt. Lotus wollte verlängern; Red Bull, Ferrari und McLaren einen starken, zweiten Fahrer im Team. Räikkönen wählte die Scuderia Ferrari, wo er Felipe Massa ersetzen soll, und kehrte damit zu dem Team zurück, mit dem er 2007 seinen bisher einzigen Titel feiern konnte. Der Platz neben Romain Grosjean im Lotus wurde frei. Allerdings ist Lotus verschuldet. Manche Medienvertreter sprechen gar von 100 Mio. Dollar.

Hülkenberg ist mittlerweile bei Sauber untergekommen. Doch zur Mitte der Saison löste er seinen Vertrag auf. Grund: Keine Gehaltszahlungen. Gleicher Grund, weshalb Räikkönen Lotus verließ. Doch Hülkenberg zeigte im Sauber erstaunliche Leistungen. Holte das Maximum aus dem Boliden und konnte stellenweise nur durch technisches Versagen gestoppt werden. Auch solche Leistungen bleiben nicht unerkannt im Formel 1-Zirkus. So meldete sich Lotus, und wollte Hülkenberg verpflichten. Ein Schritt in eine richtige Richtung für Hülkenberg, um endlich um Siege mitfahren zu können.
Mit der Räikkönen-Verpflichtung nahm das Fahrerkarussell Schwung auf. Massa, bei Ferrari aussortiert, erhielt einen Vertrag bei Williams, um dort in der nächsten Saison gegen Valeri Bottas zu fahren. Damit wurde Pastor Maldonado arbeitslos und befindet sich nun auch wieder auf dem Markt – mit einem zahlungskräftigen Sponsor, womit er für Lotus nicht uninteressant wird.


Paydriver in der Formel 1 gibt es schon länger. In den letzten Jahren sind sie aber vor allem negativ aufgefallen. Laut einem Artikel auf Wikipedia werden auch Michael Schumacher und Fernando Alonso als Paydriver bezeichnet, da sie auch entsprechende Sponsoren mitbringen. Alonso hat mit dem Wechsel zu Ferrari etwa die Santander Bank als Sponsor mitgebracht, die jährlich 30 Mio. Euro an Sponsorengeldern zahlen – bei einem Gehalt von 20 Mio. für Alonso. Keiner würde aber die beiden als Paydriver bezeichnen, stehen doch alleine bei Schumacher zahlreiche WM-Titel, Siege und Rekorde auf der Habenseite. „Paydriver“ ist stattdessen ein Schimpfwort geworden, eben für Fahrer wie Maldonado. Doch der ist bei weitem nicht der einzige. McLaren Mercedes hat sich den Mexikaner Sergio Perez ins Boot geholt. Vor allem in dieser Saison steht „Checko“ doch sehr in der Kritik ob zahlreicher riskanter Überholmanöver. Die Grenze zwischen Genie und Wahnsinn ist genau so eng, wie die Grenze zwischen genialer Überholkunst und riskantem Fahren. Man erinnere sich nur an Überholmanöver zwischen Button und Vettel als kaum ein Blatt Papier zwischen die Reifen gepasst hat. Trotzdem ging alles gut, weil beide ihr Auto beherrschen. Doch Perez nimmt billigend in Kauf, dass Unfälle entstehen. Nicht zu Letzt meinte Kimi Räikkönen, man soll ihm doch mal „aufs Maul hauen“, vielleicht würde das helfen. Am Ende gehen solche Paydriver aber auch Kosten des Fans. Anstatt qualitativ hochwertige Duelle zu sehen, produzieren die meisten nur Schrott. Man erinnere sich nur an zahlreiche, japanische Fahrer, die in bester „Alles-oder-nichts“-Manier mehr als nur einen Wagen zerstört haben. Doch wie soll man diese Entwicklung aufhalten? Die Teams brauchen Geld für die Wagen. Dieses Geld kommt durch die Paydriver in die Teams. Allerdings holen diese wiederum nicht genügend Punkte, um entsprechende Prämien für das Team am Ende der Saison zu bekommen. Somit braucht es weiterhin diese Fahrer, um den Betrieb am Laufen zu halten. Sollte man nun die Kosten senken? Es gab Diskussionen, um eine Budgetobergrenze, woran sich die Top4 allerdings kaum gehalten haben. Dann doch nur Teams erlauben, die finanziell gut aufgestellt sind? Dass am Ende vier Teams gegeneinander fahren? Das würde wiederum an den Zuschauerzahlen nagen. Ein Teufelskreis, an dem vor allem talentierte Fahrer zu nagen haben. Fahrer, die Talent, aber keine Sponsoren mitbringen. Geld regiert nun einmal das Geschäft.


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