Sonntag, 24. November 2013

El Clasico oder doch nur ein Klassiker?

El Clasico – Ein Begriff, der fast schon Magie ausstrahlt. Jede Saison herrscht in Spanien zwei Mal Ausnahmezustand, wenn die beiden großen spanischen Mannschaften, Real Madrid und der FC Barcelona, aufeinander treffen. Doch das „Clasico“ wurde inkulturiert. Nämlich in Deutschland.

Und auf einmal gab es in Deutschland eine Mannschaft, die dem FC Bayern München Paroli bieten konnte. Borussia Dortmund hat sich nach und nach von einem verschuldeten Verein zu einem Top-Club in Europa verbessert. Wo früher ein Sparkurs angeschlagen worden ist, werden nun wieder Top-Transfers geleistet. Das Resultat ist jedem bewusst. Dortmund wurde zwei Mal in Folge deutscher Meister und holte beim zweiten Triumph das Double mit dem Sieg des DFB-Pokals. Die letzte nicht Bayern-Mannschaft, die zwei Mal Meister werden konnte, war im Übrigen ebenfalls Borussia Dortmund in den Spielzeiten 1994/1995 und 1995/1996. Doch nun ist Dortmund wieder auf Augenhöhe mit dem großen Rivalen. Nicht zuletzt standen sich beide Mannschaften im Finale der Champions-League gegenüber.

Dortmund gegen Bayern ist das Spitzenspiel in der Bundesliga. Es wird zur besten Sendezeit ausgetragen und zieht Millionen von Menschen vor die Empfangsgeräte. 207 Ländern hatten die Partie am gestrigen Samstag übertragen. Lediglich Parkistan und Nordkorea haben nicht zugeschaut. Wobei es einige Parkistani gab, die aufs indische Fernsehen zurückgriffen. Seit Tagen gibt es in den Medien nur ein Thema: Bayern gegen Dortmund, Dortmund gegen Bayern. Jede Nachricht wird zur Schlagzeile. Eben weil jene beiden Mannschaften die letzten Jahre in der Bundesliga dominiert haben.

Jeder Fußballfan hat nun, verstärkt durch die Medien, ein Bild im Kopf. Nämlich jenes der Primera Division in Spanien. Dort gab es in den letzten 9 Jahren gerade mal zwei verschiedene Meister: Real Madrid und der FC Barcelona. Spanische Verhältnisse in Deutschland. Das geht sogar nun schon so weit, dass der Begriff „Clasico“ einfach übernommen wird. Warum?

Gibt man bei google den Begriff „Clasico“ ein, führt einem der erste Eintrag auf einen Wikipedia-Eintrag, in dem der Clasico als ein Aufeinandertreffen der beiden spanischen Teams (Madrid und Barcelona) bezeichnet wird. Kein Verweis auf andere Länder oder Mannschaften. Der Begriff steht seit je her für die Begegnungen dieser beiden Mannschaften. Zudem ist „Clasico“ auch ein spanisches Wort. Warum ist es in Deutschland nicht möglich, dieses Spiel zwischen Bayern und Dortmund als „Klassiker“ zu bezeichnen? Sicherlich stehen das marketingtechnische Gründe im Vordergrund. Wenn die Spiele zwischen Madrid und Barcelona schon diese mediale Aufmerksamkeit bekommen und unter diesem Namen laufen, kann man diesen Begriff auch einfach übertragen. Ganz gleich, welche Tradition dahinter steckt.

Allerdings sehe ich diese Entwicklung ein wenig zwiespältig. Zum Einen gibt es den Clasico in Spanien bereits seit Jahrzehnten. Das erste Aufeinandertreffen datiert aus dem Jahre 1902; das letzte aus dem Jahre 2013. Als Dortmund in der Krise sich befand und im Titelkampf keine Rolle gespielt hatte, wurde diese Spiel nicht als „Clasico“ gepriesen.

Zudem stellt sich mir als Fan die Frage, ob die Bundesliga wirklich spanische Verhältnisse braucht. Ich denke vielmehr, dass dies ein Rückschritt für die Bundesliga wäre. Die Bundesliga überzeugt mit vollen Stadien und toller Atmosphäre (Ausnahmen ausgenommen). Die Clubs stehen solide da und halten Verbindlichkeiten im Rahmen. Im Spanien bleiben zahlreiche Plätze unbesetzt. Zudem sind die Vereine insgesamt mit mehreren Milliarden verschuldet. Will die Bundesliga wirklich dorthin kommen? In eine Liga, in der es nur zwei Meister gibt? Ich denke nicht, dass das das Ziel sein sollte. Die Bundesliga ist für mich und für viele andere auch die stärkste Liga Europas. Natürlich ist der Kampf um den Meistertitel auf zwei Mannschaften beschränkt. Aber die Plätze dahinter sind völlig offen. Und genau davon lebt die Liga. In Spanien heißt es, wer im Clasico Punkte liegen lässt, wird es schwer haben, Meister zu werden. In Deutschland kann, im Normalfall, jeder jeden schlagen. Wolfsburg schlägt Dortmund, Freiburg holt ein Unentschieden gegen die Bayern, Braunschweig gewinnt gegen Leverkusen. Davon lebt die Bundesliga, davon lebt der Fan. Natürlich wird es öde, wenn eine Mannschaft einsam vorne ihre Kreis zieht. Natürlich gefällt es dem Fan nicht, wenn der FC Bayern München im November schon als Meister gezählt wird. Aber dafür ist der Kampf dahinter extremst spannend. Und durch diese Spannung werden Kräfte bei kleineren Clubs frei gesetzt, an denen die großen auch leiden können – und dadurch Punkte liegen lassen. Also lasst das Clasico in Spanien, wo es auch hingehört. Beschwört keine Geister, die der Bundesliga schaden. Freut euch stattdessen über tollen Fußball auf Augenhöhe.

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