El Clasico – Ein
Begriff, der fast schon Magie ausstrahlt. Jede Saison herrscht in
Spanien zwei Mal Ausnahmezustand, wenn die beiden großen spanischen
Mannschaften, Real Madrid und der FC Barcelona, aufeinander treffen.
Doch das „Clasico“ wurde inkulturiert. Nämlich in Deutschland.
Und
auf einmal gab es in Deutschland eine Mannschaft, die dem FC Bayern
München Paroli bieten konnte. Borussia Dortmund hat sich nach und
nach von einem verschuldeten Verein zu einem Top-Club in Europa
verbessert. Wo früher ein Sparkurs angeschlagen worden ist, werden
nun wieder Top-Transfers geleistet. Das Resultat ist jedem bewusst.
Dortmund wurde zwei Mal in Folge deutscher Meister und holte beim
zweiten Triumph das Double mit dem Sieg des DFB-Pokals. Die letzte
nicht Bayern-Mannschaft, die zwei Mal Meister werden konnte, war im
Übrigen ebenfalls Borussia Dortmund in den Spielzeiten 1994/1995 und
1995/1996. Doch nun ist Dortmund wieder auf Augenhöhe mit dem großen
Rivalen. Nicht zuletzt standen sich beide Mannschaften im Finale der
Champions-League gegenüber.
Dortmund
gegen Bayern ist das Spitzenspiel in der Bundesliga. Es wird zur
besten Sendezeit ausgetragen und zieht Millionen von Menschen vor die
Empfangsgeräte. 207 Ländern hatten die Partie am gestrigen Samstag
übertragen. Lediglich Parkistan und Nordkorea haben nicht
zugeschaut. Wobei es einige Parkistani gab, die aufs indische
Fernsehen zurückgriffen. Seit Tagen gibt es in den Medien nur ein
Thema: Bayern gegen Dortmund, Dortmund gegen Bayern. Jede Nachricht
wird zur Schlagzeile. Eben weil jene beiden Mannschaften die letzten
Jahre in der Bundesliga dominiert haben.
Jeder
Fußballfan hat nun, verstärkt durch die Medien, ein Bild im Kopf.
Nämlich jenes der Primera Division in Spanien. Dort gab es in den
letzten 9 Jahren gerade mal zwei verschiedene Meister: Real Madrid
und der FC Barcelona. Spanische Verhältnisse in Deutschland. Das
geht sogar nun schon so weit, dass der Begriff „Clasico“ einfach
übernommen wird. Warum?
Gibt
man bei google den Begriff „Clasico“ ein, führt einem der erste
Eintrag auf einen Wikipedia-Eintrag, in dem der Clasico als ein
Aufeinandertreffen der beiden spanischen Teams (Madrid und Barcelona)
bezeichnet wird. Kein Verweis auf andere Länder oder Mannschaften.
Der Begriff steht seit je her für die Begegnungen dieser beiden
Mannschaften. Zudem ist „Clasico“ auch ein spanisches Wort. Warum
ist es in Deutschland nicht möglich, dieses Spiel zwischen Bayern
und Dortmund als „Klassiker“ zu bezeichnen? Sicherlich stehen das
marketingtechnische Gründe im Vordergrund. Wenn die Spiele zwischen
Madrid und Barcelona schon diese mediale Aufmerksamkeit bekommen und
unter diesem Namen laufen, kann man diesen Begriff auch einfach
übertragen. Ganz gleich, welche Tradition dahinter steckt.
Allerdings
sehe ich diese Entwicklung ein wenig zwiespältig. Zum Einen gibt es
den Clasico in Spanien bereits seit Jahrzehnten. Das erste
Aufeinandertreffen datiert aus dem Jahre 1902; das letzte aus dem
Jahre 2013. Als Dortmund in der Krise sich befand und im Titelkampf
keine Rolle gespielt hatte, wurde diese Spiel nicht als „Clasico“
gepriesen.
Zudem
stellt sich mir als Fan die Frage, ob die Bundesliga wirklich
spanische Verhältnisse braucht. Ich denke vielmehr, dass dies ein
Rückschritt für die Bundesliga wäre. Die Bundesliga überzeugt mit
vollen Stadien und toller Atmosphäre (Ausnahmen ausgenommen). Die
Clubs stehen solide da und halten Verbindlichkeiten im Rahmen. Im
Spanien bleiben zahlreiche Plätze unbesetzt. Zudem sind die Vereine
insgesamt mit mehreren Milliarden verschuldet. Will die Bundesliga
wirklich dorthin kommen? In eine Liga, in der es nur zwei Meister
gibt? Ich denke nicht, dass das das Ziel sein sollte. Die Bundesliga
ist für mich und für viele andere auch die stärkste Liga Europas.
Natürlich ist der Kampf um den Meistertitel auf zwei Mannschaften
beschränkt. Aber die Plätze dahinter sind völlig offen. Und genau
davon lebt die Liga. In Spanien heißt es, wer im Clasico Punkte
liegen lässt, wird es schwer haben, Meister zu werden. In
Deutschland kann, im Normalfall, jeder jeden schlagen. Wolfsburg
schlägt Dortmund, Freiburg holt ein Unentschieden gegen die Bayern,
Braunschweig gewinnt gegen Leverkusen. Davon lebt die Bundesliga,
davon lebt der Fan. Natürlich wird es öde, wenn eine Mannschaft
einsam vorne ihre Kreis zieht. Natürlich gefällt es dem Fan nicht,
wenn der FC Bayern München im November schon als Meister gezählt
wird. Aber dafür ist der Kampf dahinter extremst spannend. Und durch
diese Spannung werden Kräfte bei kleineren Clubs frei gesetzt, an
denen die großen auch leiden können – und dadurch Punkte liegen
lassen. Also lasst das Clasico in Spanien, wo es auch hingehört.
Beschwört keine Geister, die der Bundesliga schaden. Freut euch
stattdessen über tollen Fußball auf Augenhöhe.
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