Dienstag, 25. März 2014

Die Königin des Eiskanals

Felix Loch, Georg Hackl, Natalie Geisenberger, André Lange - alle vier sind bei zahlreichen Sportfans bekannt, weil sie wie kaum ein anderer die Kurven im Eiskanal beherrscht haben oder noch beherrschen. Doch neben den oben genannten Rodler und Bobpiloten gibt es noch eine weitere Kandidatin, die dies ebenfalls wie aus dem FF beherrschte. Und doch fehlt es ihr ein wenig an Bekanntheit.

Die Rede ist von Sandra Kiriasis, die ebenfalls zum Ende der Saison 2013/14 ihr Karriereende bekannt gegeben hatte. Damit verabschiedet sich eine der besten Bobpilotinnen vermutlich aller Zeiten endgültig aus dem Eiskanal. Was bleibt, ist eine beachtliche Titelsammlung.

  • 40 Weltcupsiege, dazu 19 Mal Zweiter und 14 Mal Dritter
  • 9 Mal Gewinnerin des Gesamtweltcups
  • 1 Mal Gold und 1 Mal Silber bei Olympischen Spielen
  • 7 Mal Gold bei Weltmeisterschaften, dazu 5 Mal Silber und einmal Bronze
  • 7 Mal Gold bei Europameisterschaften, dazu 3 Mal Silber und einmal Bronze
  • 7 Mal deutscher Meister
Insgesamt war sie über 12 Jahre hinweg in der Weltspitze vertreten und bescherte dem Deutschen Bob und Skeletonverband immer wieder Erfolge und Medaillen. Auch in schweren Situationen, wie zum Beispiel in der vergangenen Saison, baute man auf die erfahrene Pilotin, die nichts unversucht ließ, um doch noch bei den Olympischen Spielen wettbewerbsfähig zu sein. Dass dies dann doch nicht der Fall war, lag weniger an ihrem Können, als vielmehr am unzureichenden Material. Auch ein Wechsel auf den Bob der Vorsaison half nichts. Am Ende konnte selbst Kiriasis mit ihrer Erfahrung die Kohlen nicht aus dem Feuer holen und die deutsche Blamage verhindern. Trotzdem soll dieser Misserfolg bei den Spielen von Sotchi einer der wenigen Tiefpunkte sein, die in ihrer Karriere zu finden sind.

In der Ewigen Bestenliste in der Kategorie "Meiste Gesamtweltcupsiege" führt sie deutlich gegenüber ihren Konkurrentinnen. Und auch bei den Weltcupsiegen und anderen Titeln gibt es keine Pilotin, die ihr das Wasser hätte reichen können. Das alles in einer Sportart, die weniger im Fokus steht, als andere Wintersportarten.

Mit Kiriasis wird das deutsche Bobgesicht der Frauen verschwinden. Es liegt nun an der nachfolgenden Generation, mit Hilfe der technischen Institute, in diese doch recht großen Fußstapfen zu treten. Vielleicht wird sie dem Sport erhalten bleiben. Nähere Ziele sind noch nicht bekannt. Vermutlich wird sie, wie schon so oft, für Stefan Raab in den Wok steigen und dort versuchen ihre Erfahrung in der Asiapfanne einzusetzen. Trotzdem, so denke ich, sollte man auch solch eine Athletin in den Blick nehmen, wenn jemand mit dieser umfangreichen Titelsammlung abtritt. Sie war und ist eine große in ihrer Sportart.

Montag, 24. März 2014

Frauenskispringen droht Budgetkürzungen

Vor wenigen Wochen noch feierte Carina Vogt völlig überraschend, aber sensationell den Sieg bei den Olympischen Spielen. Die junge Schwarzwälderin wird als erste Olympiasiegerin im Skispringen in die Geschichte eingehen. Doch kurz nach dem die Saison beendete ist, droht dem Frauenskispringen Budgetkürzungen.

Eines ist ganz klar: Um Leistungssport ausüben zu können, braucht es Geld. Trainer müssen bezahlt werden, Anlagen, das Team hinter dem Team, Reisekosten. Innerhalb einer Saison sammelt sich da das eine oder andere Sümmchen an. Daher muss der deutsche Skiverband (DSV) auch entsprechend haushalten. Allerdings droht nun den Skispringerinnen Kürzungen im Budget. Es wird von 10 Prozent gesprochen.

Bundestrainer Andreas Bauer äußerte sich wie folgt im ZDF: "Wir sind wirklich am Limit. Wir haben ein tolles Projekt aufgebaut und mit dem Olympiasieg von Carina Vogt gekrönt. Es wäre schade, wenn das nicht weiterginge."

Das Projekt kann nur gelobt werden. Nicht nur, dass Carina Vogt Olympiasiegerin wurde. Sie holte auch den zweiten Platz im Gesamtweltcup. Darüber hinaus präsentierte sich aber auch das deutsche Team als Mannschaft stark. Wie ihre männlichen Kollegen, holten auch die Damen in der Nationenwertung den zweiten Rang. Plötzlich ist das Skispringen der Frauen in aller Munde. Auch wenn, wie in einem anderen Artikel schon angesprochen, die Übertragungszeiten noch zu wünschen übrig lassen.
Trotzdem zeigt sich eine positive Tendenz und Entwicklung. Die Frage ist allerdings ob und wie der Sport mit gekürztem Budget ausgeführt werden kann.
Auf der einen Seite kann ich den DSV verstehen. Man besitzt eben keinen Goldesel, der ständig für Geldnachschub sorgt. Es muss entsprechend gehaushaltet und verteilt werden. Da gilt es auch abzuwägen, wo sich ein Einsatz möglicherweiße nicht mehr lohnt und wo man neu investieren könnte.

Ich persönlich finde es aber gerade in dieser Situation schwierig, dieser Sportart das Budget zu kürzen. Gerade jetzt, mit dem Boom der Olympischen Spiele im Rücken, könnte diese Sportart einen Aufschwung erleben. Vor allem leistet das Team um Andreas Bauer wirklich gute Arbeit, was auch die Nationenwertung zeigt. Man hat nicht nur ein Sportler oder eine Sportlerin, auf die das Projekt ausgerichtet ist. Auch dahinter drängen sich Athletinnen auf. Daher denke ich, dass es genau die falsche Geste in Richtung des Sportes ist. Man sollte hier fördern, anstatt zu streichen. Denn mit der Kürzung schwingt die indirekte Botschaft mit, dass man auf diesen Teilbereich eben weniger Wert legt, als auf andere, auch wenn das gar nicht die Intention ist. Daher würde ich mir wünschen, dass der DSV diese Kürzung noch nicht beschlossen hat, sondern nochmals überdenkt. Zum Wohl der Sportart und der Athletinnen.

Der Milkahelm verschwindet von der Weltcupbühne

Auch wenn er seinen Abschied bereits im Januar angekündigt hatte, möchte ich trotzdem einen Blick auf Martin Schmitt werfen. Das liegt nicht nur daran, dass er wohl maßgeblichen Anteil daran hatte, dass das Skispringen in Deutschland so populär wurde. Wenn von "Helden der Kindheit" gesprochen wird, zählt für mich Schmitt hierzu.

Es ging ein Boom durch die Bundesrepublick Deutschland. Plötzlich war Skispringen eine Sportart, mit der sich Geld verdienen ließ. RTL kaufte die Übertragungsrechte für die Vierschanzentournee und Weltmeisterschaften. Es erschienen jährlich Computerspiele; ebenfalls von RTL vertrieben und mit bekannten Gesichtern der Sportart. Und auf einmal fanden sich in den ersten Reihen Teenager, die ihre "Stars"sehen wollten. Den großen Anteil hatten damals Sven Hannawald und Martin Schmitt. Insbesondere letzterer war auf Grund seiner Erfolge und seines jungen Alters fast schon predästiniert für die Rolle des Teenie-Idols.

Bereits 1997 nahm Schmitt an der Nordischen Skiweltmeisterschaft teil und holte gleich mit der Mannschaft die Bronze-Medaille. Es sollte nicht die letzte in seiner Sammlung werden. Insgesamt 4 Mal Gold, 3 Mal Silber und 3 Mal Bronze holte er bei Weltmeisterschaften. Die letzte Medaille datiert aus dem Jahr 2009, als er völlig überraschend Silber geholt hat.

Schmitt selbst begann zur Saison 1998/1999 richtig aufzublühen. Was folgte, war nicht nur eine teils unvollendete Karriere, sondern auch eine mit zahlreichen Höhen und Tiefen. Die Höhen kamen schnell. 1998/1999 und 1999/2000 sicherte sich Schmitt den Gesamtweltcup. Hinzu kommt zwei Mal der Weltcup im Skifliegen (1998/1999, 2000/2001). Mit insgesamt 25 Weltcupsiegen belegt er aktuell den sechsten Platz in der Liste der Springer mit den meisten Weltcupsiegen aller Zeiten.

Unvergessen dürfte auch die WM 1999 in Ramsau sein. Besonders das Mannschaftsspringen bleibt dem einen oder anderen Sportfan im Gedächtnis. Nicht nur, dass Sven Hannwald und Christoph Dufner stürzten, was meist bedeutet, dass die Medaillenchancen weg sind. Der Schanzenrekord von Dieter Thoma wurde nicht von den TV-Kameras festgehalten: dafür der von Hannawald, der wenige Minuten später folgte. Mit einem starken Martin Schmitt konnte sich das Team trotzdem die Goldmedaille sichern.
Ebenso bewies Schmitt bei den Olympischen Spielen 2002 in Salt Lake City beim Mannschaftsspringen Nervenstärke. Als Schlussbringer lag es an ihm die Medaille nach Hause zu bringen. Und das, obwohl er nicht mehr die Topleistungen brachte, wie die Jahre zuvor. Doch er sprang genau auf die Weite, die reichte, um 0,1 Punkt vor Finnland zu liegen und um Olympiasieger zu werden.
Acht Jahre später, bei den Spielen in Vancouver, holte er erneut nach 1998 mit der Mannschaft Silber. Vielleicht ein wenig überraschend, aber dennoch verdient.

Allerdings bleiben bei Schmitt auch immer die Tiefen in Erinnerung. Zahlreiche Jahre war er weiter von der Weltcupspitze entfernt, als ihm vermutlich lieb war. Stattdessen kämpfte er um das Erreichen des Finaldurchgangs oder wurde gar in den Kontinentalcup "strafversetzt". Viele fragten sich, ob er nicht den richtigen Moment verpasst hat, um seine Karriere zu beenden. Allerdings hatte er weiterhin Spaß an der Sache. Und noch Ziele. Im Blick stand immer Sotchi 2014. Als er sah, dass er dafür keine Rolle spielt, zog er die Reißleine und beendete seine eindrucksvolle Karriere.
Doch auch wenn mit Schmitt oftmals die schlechten Jahre in Verbindung gebracht werden, wird oft die Saison 2008/2009 außer Acht gelassen. Es schien fast, als könne er wieder in die Weltspitze vordringen. Ein vierter Platz bei der Vierschanzentournee, die Silbermedaille bei der Weltmeisterschaft, einige Podestplätze und am Ende Rang 6 im Gesamtweltcup ließen alte Hoffnungen zu. Leider wurden diese nicht erfüllt.

Am Ende kann man nur auf eine beeindruckende Karriere zurückschauen. Auch wenn der Sieg der Vierschanzentournee und die Einzel(gold)medaille bei Olympia fehlen, hat er dennoch fast alles erreicht, was im Skisprung möglich ist:
  • 2x Gesamtweltcupsieger
  • 2x Skiflugweltcupsieger
  • 4x Gold, 3x Silber, 3x Bronze bei Weltmeisterschaften
  • 1x Gold, 2x Silber bei Olympischen Spielen
  • 25 Weltcupsiege
Auch wenn der letzte Sieg aus dem Jahre 2001 datiert, war er trotzdem eine der Persönlichkeiten im deutschen Skispringen. Jemand, der diesen Sport in eine neue Dimension hob. Plötzlich war die Sportart in aller Munde. Er selbst profitierte mit einem gut dotierten Vertrag bei einem Schokoladenhersteller. Er war der Grund, warum zahlreiche Menschen mit dem Skispringen angefangen haben. Daher wird er für mich immer mit positiven Erinnerungen verbunden sein.

Sein Karriereende wurde im Übrigen schon ein wenig bedauert. Janne Ahonen, der selbst zwei Mal den Rücktritt vom Rücktritt bekannt gab, riet ihm ein Jahr Pause zu machen, um dann wieder zurückzukommen. Altmeister Noriaki Kasai ist der Meinung, dass er noch weit von der 40 entfernt sei und noch ein wenig weiterspringen kann. Beide Aussagen sind mit einem Augenzwinkern zu betrachten ;)

Ich persönlich hoffe, dass Schmitt dem Skispringen in irgendeiner Art und Weise dem Sport erhalten bleibt. Entweder als Trainer, oder als Experte. Das ZDF könnte doch hierfür den nötigen Platz freiräumen.

Eine kleine Person, ganz groß

Andrea Henkel gehörte zwar nie zu den Sportlern, die im Licht der Öffentlichkeit standen. Trotzdem war die kleine Frau aus Oberhof über Jahre hinweg eine der besten ihrer Zunft, was nicht nur ihre außerordentliche Titelsammlung zeigt. Nun beendet sie nach 19 Jahren Profisport ihre Karriere. Grund genug, um diese nochmals Revue passieren zu lassen.
  
Ihren ersten Weltcupeinsatz hatte sie im Jahre 1995. Doch erst zur Saison 1998/1999 konnte sich die vierfache Junioren-Weltmeisterin einen Platz im Weltcup-Team sichern. Allerdings war diese Saison von Höhen und Tiefen gekennzeichnet. Neben mehreren Top-Ten-Plätzen, stehen Wochenende zu Buche, an denen sie keinen einzigen Punkt holen konnte. Am Ende belegte sie trotzdem Rang 14 im Gesamtweltcup.

Der endgültige Durchbruch in die Weltspitze sollte schließlich eine Saison später erfolgen. Nach einem mäßigen Start in den Weltcup-Winter, platzte schließlich im Dezember der Knoten. In Pokljuka feierte sie ihren ersten Weltcup-Sieg. Ein weiterer sollte in Antholz im Januar folgen. Am Ende belegte sie Rang 5 im Gesamtweltcup und holte 15 Platzierungen unter den besten 10. Diesen Platz konnte sie im nächsten Jahr erneut im Gesamtweltcup sichern.

Der große Stern ging dann endgültig bei den Olympischen Spielen 2002 in Salt Lake City auf. Mit Gold im Einzel und in der Staffel holte sie gleich zwei Goldmedaillen. Doch so schnell ein Stern aufgeht, so schnell kann er auch wieder verblassen. Nach dem Hoch, folgte ein Tief über mehrere Jahre. Zwischen dem Sieg in Salt Lake City und dem nächsten Erfolg lagen über 3 Jahre. Kein Podestplatz zwischen 2002 und 2004; insgesamt nur 8 Top-Ten-Platzierungen waren zu wenig.

Allerdings kein Grund aufzugeben. Stattdessen kämpfte sich Henkel sukzessive zurück. Die Erfolge kamen zurück. Es folgten ein vierzehnter und ein siebter Rang im Gesamtweltcup mit 4 Podestplatzierungen und 17 Mal in den Top-Ten.
In der Saison 2006/2007 sollte der Stern heller strahlen als bisher. Mit 6 Siegen, 3 zweiten und 2 dritten Plätzen, sowie 20 Top-Ten-Platzierungen sicherte sich Henkel den Gesamtweltcup-Sieg in einem letzten dramatischen Rennen in Chanty-Mansijsk. Henkel war zurück in der Weltspitze. Bis zu ihrem Karriereende sollte sie im Gesamtweltcup immer unter den besten zehn bleiben.
Athletinnen kamen, Athletinnen gingen. Doch Henkel war immer dabei. Selbst in einer Phase, in der der deutsche Frauen-Biathlon fast am Boden war, hielt Henkel die Flagge nach oben. Zeigte weiterhin konstante Leistung.

Sie war nicht der Typ, den die Firmen als Markengesicht buchen wollten. Trotzdem war sie eine der erfolgreichsten Biathletinnen.
Insgesamt 22 Einzelsiege, dazu 24 mit der Staffel. 37 zweite und dritte Plätze; 186 mal in den Top Ten. Ihre Trefferquote beim Schießen beträgt in der Summe (über 16 Saisons) 85,3%. Dazu war sie in jeder Disziplin bei Weltmeisterschaften auch Weltmeisterin. Insgesamt holte sie 16 Medaillen bei Weltmeisterschaften und 4 bei Olympischen Spielen.

Mit Andrea Henkel geht eine der erfolgreichsten Biathletinnen von Bord. Damit wäre die Ära der Vancouver-Staffel von 2010 endgültig beendet.
Beendet wurde sie aber in einem entsprechenden Rahmen. Nicht nur, dass ihr letztes Rennen am legendären Holmenkollen stattfand. Auch ein überdimensioniertes Plakat ihrer alten Weggefährtinnen Kati Wilhelm, Uschi Disl, Martina Beck (ehemals Glagow) und Simone Hauswald (ehemals Denkinger) wurde an der Zielankunft aufgehangen. Mit Platz 12 erreichte sie erneut einen Platz unter den besten 15. Am Ende wurde sie mit Sekt und einer Krone in den Ruhestand verabschiedet.

Natürlich könnte man mehr schreiben über sie. Natürlich könnte man ausführlicher berichten. Allerdings würde dies vermutlich den Rahmen sprengen. Darum soll es hier auch gar nicht gehen. Vielmehr soll dieser Artikel eine der erfolgreichsten, deutschen Biathletinnen würdigen, die über Jahre hinweg Leistung gezeigt hat. Und das, obwohl es immer wieder andere mediale Gesichter gab, die mehr Aufmerksamkeit erhielten, als sie. Auch nach Tiefen gab sie nicht auf und kämpfte weiter. Bis zum Schluss war sie in der Weltspitze vertreten. Ob sie ein Loch hinterlässt, ist schwer zu sagen. Man muss in der nächsten Saison schauen, wo der Frauen-Biathlon steht. Was sie hinterlässt, sind aber große Fußspuren.

Sie wird nun Deutschland den Rücken zuwenden, um nach Lake Placid in den Vereinigten Staaten auszuwandern, um dort gemeinsame Zeit mit ihrem Lebensgefährten Tim Burke (ebenfalls Biathlet) zu verbringen. Fischen steht ganz oben auf der Liste der Dinge, denen sie nachgehen möchte. Vielleicht wird man sie aber auch ab und zu wieder im Biathlon-Zirkus sehen. Dann allerdings hinter den Kulissen.

Montag, 10. März 2014

Ein Freund, ein guter Freund

Die Olympischen Spiele sind nicht nur ein Ereignis für Zuschauer und Sportler. Vielmehr sorgen Erfolge dafür, dass die Karriere in neue Dimensionen gehoben wird. Medaillen als Balsam für die geschundene Sportlerseele.

Der vierte Platz ist der undankbarste im Sport. Vor allem, wenn man diesen bei Großereignissen regelmäßig bucht, steigt doch das Level der Frustration an. Genau so dürfte auch Severin Freund gedacht haben. 2012 bei der Skiflug-Weltmeisterschaft im Einzel auf Rang 4; ebenso bei der Weltmeisterschaft 2013 in Val di Fiemme von der Kleinschanze. Zu allem Übel folgten in den Jahren 2013 und 2014 das Aus bei der Vierschanzentournee, nachdem er jeweils bei einem Springen nicht den zweiten Durchgang erreichte. Als dann die Olympischen Spielen in Sotchi auf dem Programm standen, sollte alles besser werden. Die erste Einzelmedaille wollte er holten. Nach einem Sturz im ersten Durchgang von der Kleinschanze, waren diese Hoffnungen begraben. Und auch das Springen von der Großschanze sollte nicht besser werden: Erneut Rang 4. Keine Medaille. Die Zweifel an Freund wurden groß. Kann er diesem Druck nicht standhalten? Wird er es je schaffen, wenn es darauf ankommt, die Nerven zu behalten?

Er wusste die Kritiker eines besseren zu belehren. Beim Teamspringen landete er souverän und sicherte somit die Goldmedaille für das deutsche Team. Die dritte nach 1994 in Lillehammer und 2002 in Salt Lake City. Doch welche Auswirkungen diese Medaille haben würde, hätte niemand gedacht. Sie fungierte als unglaubliche Motivationshilfe. Plötzlich wusste Freund, dass er es kann.

Die Freundschen Spiele begannen nach Olympia. Und zwar mit 6 Podestplätzen in 7 Springen, wovon drei davon Siege waren. Beachtlich dabei ist nicht nur, dass er den Doppelolympiasieger und Weltcupführenden Kamil Stoch hinter sich lassen konnte. Es war die Art und Weise, wie er es tat. Nämlich mit zahlreichen Punkten Vorsprung. Es war kein Zittern, um jeden Punkt, sondern eine tadellose Leistung. Nicht zuletzt zeigte er dies an diesem Wochenende auf dem legendären Holmenkollen. Nur drei Sprünge gingen über 130 Meter. Einen setzte Kamil Stoch, die anderen beide Severin Freund. Dabei war er aber nicht nur weitenmäßig der Konkurrenz überlegen, sondern auch ästhetisch. Kaum Abzüge in der Haltungsnote, ließen den Vorsprung noch weiter anwachsen. Freund ruft Automatismen ab. Er muss nicht viel tun, die Sprünge gehen fast von alleine. Nicht nur Werner Schuster zeigt sich euphorisch und begeistert. Auch die Zuschauer zu Hause haben wieder einen Grund, um beim Skispringen mitzufiebern.

Und nach und nach arbeitet er sich auch im Gesamtweltcup nach vorne. Kamil Stoch scheint den Gesamtsieg sicher zu haben. Doch nachdem Freund Altmeister Noriaki Kasai bereits abgehängt hat, fehlen nur noch 29 Punkte auf Peter Prevc, der momentan zweiter ist. Sicherlich sein nächstes Ziel, bei den beiden noch ausstehenden Wettkämpfen.
Doch nicht nur das. Am kommenden Wochenende steht die Skiflug-Weltmeisterschaft im tschechischen Harrachov an. Es kommt daher nicht von ungefähr, dass Freund ein Titelkandidat, wenn nicht sogar der Titelkandidat schlechthin ist.
Auf Grund der Motivation durch die bisherigen Erfolge und mit der Goldmedaille im Gepäck, sowie der Tatsache, dass die Sprünge fast wie von selbst ablaufen, hat er auch alle Möglichkeiten, erneut seine Kritiker eines besseren zu belehren und die ersehnte Einzelmedaille zu gewinnen. Ganz gleich, welche Farbe diese hat. Sollte ihm dies gelingen, wird er im nächsten Jahr ein Aspirant auf den Gesamtweltcup sein. Und könnte nach Martin Schmitt 1999/2000 als nächster Deutscher diesen Titel holen. Zuzutrauen wäre es. Wenn er diese Motivation über den Sommer mitnehmen kann und die Sprünge einfach geschehen.

Und noch was zum Thema Deutsche und Skispringen. Die letzte Skiflug-Weltmeisterschaft in Harrachov fand im Jahre 2002 statt. Damals hieß der Sieger Sven Hannawald. Vielleicht ein gutes Zeichen, für das kommende Wochenende.

Die Quote entscheidet - Einwurf zu den Paralympischen Spielen

Millionen von Fans haben vor den Bildschirmen noch vor 14 Tagen die Olympischen Spiele in Sotchi verfolgt. Es wurden zahlreiche Wettkämpfe übertragen, bei denen die Zuschauer mitfieberten, die Daumen drückten, Erfolg und Trauer gleichermaßen erlebten. Ein Sportfest für Zuschauer und Sportler. Doch nicht jeder Wintersportler hat diese mediale Aufmerksamkeit.

Am Freitag wurden sie eröffnet, die Paralympischen Spiele. Wettkämpfe für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen. Wer sich solche Spiele mal angeschaut hat, ist schnell fasziniert von der Leistung, die dort erbracht wird. Ganz gleich, ob ein Körperteil amputiert worden ist, oder der Sportler von Beginn an blind ist. Vor der Leistung kann man nur und muss man auch den Hut ziehen.

Trotzdem bekommen diese Sportlerinnen und Sportler nicht annähernd das Interesse der Medien, wie es vor 14 Tagen der Fall war. Während bei den Olympischen Spiele die Sender von 7 Uhr bis 21 Uhr gesendet haben, findet man die Paralympischen Spiele nur sporadisch im TV. Es gibt nur kurze Zusammenfassungen in Sportsendungen. Wettkämpfe werden nur selten live übertragen. Und wenn, dann nicht in dem Umfang, wie bei den Olympischen Spielen.
Dabei würde man mit Sicherheit den einen oder anderen Zuschauer dazu gewinnen. Insbesondere, wenn die Wettkämpfe mit gut aufbereiteten Hintergrundberichten ausgestattet werden. Stattdessen findet sich dieses Angebot lediglich online.
Dass Deutschland gleich zum Auftakt zwei Mal Gold holte, haben nur die wenigsten Zuschauer mitbekommen.

Ich finde es traurig, dass solch ein Ereignis nicht die Wertschätzung bekommt, wie die Spiele der Nichtbehinderten. In einer Welt, in der jeder von Gleichberechtigung spricht, geht es bei den TV-Anstalten weiterhin nur um Quoten.

Doch selbst auf anderen Sportseiten im Internet, ist diese Thematik nicht schlagzeilenwürdig. Stattdessen dominieren die üblichen Verdächtigen, wie Fußball, Formel 1 und ein paar Randsportarten. Wurden den Olympiasiegern der nichtbehinderten Sportler nicht immer Aufmerksamkeit gegeben, verschwinden die Sieger der Paralympischen Spiele fast komplett. Vor allem die Tatsache, dass Deutschland konkurrenzfähig ist, sollte doch ein Grund sein, dieses Ereignis im TV zu übertragen. Profitieren würden dabei mehrere Parteien: Die Zuschauer, die Sportler und die Sportarten. Dies würde vermutlich auch Menschen inspirieren, um mit diesem Sport anzufangen, um ebenfalls Erfolge erzielen zu können. Auch ein wichtiger Punkt in Sache Nachwuchsförderung.
Aber wie so oft gilt auch in diesem Fall, dass die Quote entscheidet, was gesendet wird. Ich hoffe, dass die Athleten trotzdem tolle Spiele erleben, ihr bestes geben und am Ende zufrieden sein können.