Montag, 10. März 2014

Ein Freund, ein guter Freund

Die Olympischen Spiele sind nicht nur ein Ereignis für Zuschauer und Sportler. Vielmehr sorgen Erfolge dafür, dass die Karriere in neue Dimensionen gehoben wird. Medaillen als Balsam für die geschundene Sportlerseele.

Der vierte Platz ist der undankbarste im Sport. Vor allem, wenn man diesen bei Großereignissen regelmäßig bucht, steigt doch das Level der Frustration an. Genau so dürfte auch Severin Freund gedacht haben. 2012 bei der Skiflug-Weltmeisterschaft im Einzel auf Rang 4; ebenso bei der Weltmeisterschaft 2013 in Val di Fiemme von der Kleinschanze. Zu allem Übel folgten in den Jahren 2013 und 2014 das Aus bei der Vierschanzentournee, nachdem er jeweils bei einem Springen nicht den zweiten Durchgang erreichte. Als dann die Olympischen Spielen in Sotchi auf dem Programm standen, sollte alles besser werden. Die erste Einzelmedaille wollte er holten. Nach einem Sturz im ersten Durchgang von der Kleinschanze, waren diese Hoffnungen begraben. Und auch das Springen von der Großschanze sollte nicht besser werden: Erneut Rang 4. Keine Medaille. Die Zweifel an Freund wurden groß. Kann er diesem Druck nicht standhalten? Wird er es je schaffen, wenn es darauf ankommt, die Nerven zu behalten?

Er wusste die Kritiker eines besseren zu belehren. Beim Teamspringen landete er souverän und sicherte somit die Goldmedaille für das deutsche Team. Die dritte nach 1994 in Lillehammer und 2002 in Salt Lake City. Doch welche Auswirkungen diese Medaille haben würde, hätte niemand gedacht. Sie fungierte als unglaubliche Motivationshilfe. Plötzlich wusste Freund, dass er es kann.

Die Freundschen Spiele begannen nach Olympia. Und zwar mit 6 Podestplätzen in 7 Springen, wovon drei davon Siege waren. Beachtlich dabei ist nicht nur, dass er den Doppelolympiasieger und Weltcupführenden Kamil Stoch hinter sich lassen konnte. Es war die Art und Weise, wie er es tat. Nämlich mit zahlreichen Punkten Vorsprung. Es war kein Zittern, um jeden Punkt, sondern eine tadellose Leistung. Nicht zuletzt zeigte er dies an diesem Wochenende auf dem legendären Holmenkollen. Nur drei Sprünge gingen über 130 Meter. Einen setzte Kamil Stoch, die anderen beide Severin Freund. Dabei war er aber nicht nur weitenmäßig der Konkurrenz überlegen, sondern auch ästhetisch. Kaum Abzüge in der Haltungsnote, ließen den Vorsprung noch weiter anwachsen. Freund ruft Automatismen ab. Er muss nicht viel tun, die Sprünge gehen fast von alleine. Nicht nur Werner Schuster zeigt sich euphorisch und begeistert. Auch die Zuschauer zu Hause haben wieder einen Grund, um beim Skispringen mitzufiebern.

Und nach und nach arbeitet er sich auch im Gesamtweltcup nach vorne. Kamil Stoch scheint den Gesamtsieg sicher zu haben. Doch nachdem Freund Altmeister Noriaki Kasai bereits abgehängt hat, fehlen nur noch 29 Punkte auf Peter Prevc, der momentan zweiter ist. Sicherlich sein nächstes Ziel, bei den beiden noch ausstehenden Wettkämpfen.
Doch nicht nur das. Am kommenden Wochenende steht die Skiflug-Weltmeisterschaft im tschechischen Harrachov an. Es kommt daher nicht von ungefähr, dass Freund ein Titelkandidat, wenn nicht sogar der Titelkandidat schlechthin ist.
Auf Grund der Motivation durch die bisherigen Erfolge und mit der Goldmedaille im Gepäck, sowie der Tatsache, dass die Sprünge fast wie von selbst ablaufen, hat er auch alle Möglichkeiten, erneut seine Kritiker eines besseren zu belehren und die ersehnte Einzelmedaille zu gewinnen. Ganz gleich, welche Farbe diese hat. Sollte ihm dies gelingen, wird er im nächsten Jahr ein Aspirant auf den Gesamtweltcup sein. Und könnte nach Martin Schmitt 1999/2000 als nächster Deutscher diesen Titel holen. Zuzutrauen wäre es. Wenn er diese Motivation über den Sommer mitnehmen kann und die Sprünge einfach geschehen.

Und noch was zum Thema Deutsche und Skispringen. Die letzte Skiflug-Weltmeisterschaft in Harrachov fand im Jahre 2002 statt. Damals hieß der Sieger Sven Hannawald. Vielleicht ein gutes Zeichen, für das kommende Wochenende.

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