Mittwoch, 25. März 2015

Biathlon: Doch keine Krise

Nach dem Debakel bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotchi, haben viele dem deutschen Biathlon schlechte Zeiten prognostiziert. Die Leistungsträger, vor allem bei den Damen, haben ihre Karriere beendet. Was folgt ist nicht konkurrenzfähig. Beim Rückblick auf die vergangene Saison hat sich aber gezeigt, dass all diese Spekulationen widerlegt worden sind.

Damen
Vielen dürfte noch die Ergebnisse von Sotchi im Kopf sein. Keine einzige Medaille. Hinzu mit Evi Sachenbacher-Stehle ein Dopingfall. Mit Andrea Henkel und Magdalena Neuner hatte der Biathlon die Identifikationsfiguren verloren. Ein Tiefpunkt schien erreicht zu sein. Doch was das Team von Bundestrainer Gerald Hönig in der vergangenen Saison gezeigt haben, war Biathlon auf höchstem Niveau.
Allen voran Franziska Hildebrand. Die "Älteste" im Team war die ganze Saison über konstant. Nur in wenigen Ausnahmen verpasste sie den Sprung unter die besten 10 bzw. 15. Nur mit dem Podest wollte es erst gegen Mitte der Saison klappen. Am Ende belegte sie Rang 5 im Gesamtweltcup.
Doch auch dahinter drängen sich die "jungen" Athletinnen vor. Vor allem Laura Dahlmeier, die zwei Weltcupsiege und 6 Podestplätze feiern konnte, und Franziska Preuß, die drei Mal auf dem Podium stand und sich zudem noch die kleine Kristallkugel im Massenstart sicherte.
Aber auch Vanessa Hinz und Luise Kummer zeigten sich immer wieder in der Staffel als verlässliche Athletinnen. Hinzu kommt, dass das Team insgesamt noch sehr jung ist und damit enormes Potential für die Zukunft hat.
Wie souverän diese Mannschaft aber sein kann, hat man bei der WM in Kontiolahti gesehen. So holte Dahlmeier in der Verfolgung und Preuß im Massenstart die Silbermedaille. Gekrönt wurde die Teamleistung durch eine überlegene Goldmedaille in der Staffel. Womit vermutlich die wenigsten vor der Saison gerechnet haben. Vor allem nicht, dass diese Mannschaft nicht punktuell, sondern konstant gute Leistungen brachte. Als Anerkennung für eine gute Trainerarbeit folgte schließlich der Sieg in der Nationenwertung.
Doch auch im unterklassigen IBU-Cup zeigten die deutschen Athletinnen immer wieder ihre Leistungen. Mit Tina Bachmann (1 Sieg), Miriam Gössner (3 Siege) und Karolin Horchler (4 Siege) war Deutschland hinter Russland die dominierende Nation. Bleibt eben nur offen, in wie weit diese Athletinnen an den A-Kader herangeführt werden können. Vor allem bei Gössner hat man doch immer wieder im Schussbereich Defizite erkannt.
Dennoch dürften damit die Kritiker (vorerst) verstummt sein. Das Team hat sich sowohl individuell, als auch im Kollektiv stark präsentiert und dürfte auch auf Zukunft hin in der Liga der Weltklasseläuferinnen mithalten können.

Herren
Bei den Herren war die Ausgangslage nicht ganz so desolat. Immerhin holten Erik Lesser, sowie das Team die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen.
Dennoch war hier die Leistungsdichte nicht ganz so stark, wie bei den Damen. Zumindest, was die Platzierungen im Gesamtweltcup betreffen. Dennoch konnten Simon Schempp (3), Erik Lesser (1) und Arnd Peiffer (1) Weltcupsiege erreichen. Schempp kämpfte lange Zeit sogar noch um den Gewinn des Gesamtweltcups. Musste aber nach seinen drei Siegen, sowie zwei zweite Plätze in Folge Rückschläge in Kauf nehmen. Genau beim Saisonhöhepunkt, der WM, konnte er nicht die Leistung abrufen, die er in Normalform bringen kann.
Hinter den dreien erwies sich Daniel Böhm als konstanter Läufer. Zudem mach Benedikt Doll mit seinen Podestplätzen am Ende der Saison Hoffnung auf weitere, große Leistungen in der Zukunft.
Einzig Andreas Birnbacher lief der Form vergangener Tage hinterher und musste gar bei der WM krankheitsbedingt aufgeben.
Hier zeigte sich aber, dass es in Deutschland immer wieder Athleten gibt, die in der Lage sind, um Medaillen zu kämpfen. So war der Weltmeistertitel von Erik Lesser keine Überraschung. Weiterhin zeigte sich, dass sich die DSV-Athleten auch als Team präsentieren konnten, in dem sie, wie die Frauen, Gold in der Mannschaft holten. Beide Goldmedaillen waren Balsam für die geschundene Biathlonseele.
Am Ende war nur Norwegen als Nation stärker. Dennoch hat sich gezeigt, dass das Team ebenfalls gut für die Zukunft aufgestellt ist. Vor allem Simon Schempp entwickelt sich von Jahr zu Jahr zu einem Athlet, der auch den Gesamtweltcup gewinnen kann. Arnd Peiffer lief in der vergangenen Saison ein wenig der Form hinterher, kann sich aber ebenfalls, neben Erik Lesser, in der Top 10 etablieren. Benedikt Doll dürfte ein Mann für die Zukunft sein.

Damit wurden in beiden Bereichen gezeigt, dass Deutschland immer noch zur Weltspitze des Biathlon gehört. Der große Kollaps blieb aus. Stattdessen wurden starke Teams zusammengestellt. Die Trainer hatten das richtige Händchen, auch was die Vorbereitung betrifft. Läuft alles normal und geplant, dürfte das Leistungsniveau auch in der kommenden Saison gehalten, wenn nicht sogar gesteigert werden.

Am Ende muss und darf man aber auch noch ein Wort für die Personen hinter den Kulissen verlieren. Allen voran Andreas Stitzl, seineszeichen leitender Disziplintrainer der Herren und wohl schillerndste Persönlichkeit auf der Strecke. Kaum ein Trainer ist so euphorisch und treibt die Athletinnen und Athleten so an. Manchmal einfühlend und motivierend, manchmal schreiend und energisch. Ein Mann, der auch für einen Unterhaltungswert sorgt.
So teilte er Lesser dessen Vorsprung und den damit (fast sicher) gewonnen WM-Titel mit folgenden Worten mit: "Das ist so geil. Die sind noch nicht mal am Berg. Noch nicht mal unten." Gefolgt von einem Jubelschrei, der wohl im ganzen finnischen Kontiolahti zu hören war.
Ein Eindruck, der auch das folgende Video gut vermittel:
https://www.youtube.com/watch?v=0Eu6XXVzD8c

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