Dienstag, 24. März 2015

Skispringen: Früchte jahrelanger Arbeit

An diesem Wochenende ging die Saison 2014/15 im Skispringen zu Ende. Und nicht unerfolgreich, wenn man sich die Bilanz des DSV anschaut. Daher sei hier an dieser Stelle auch ein Rückblick gestattet. Denn trotz zahlreicher Erfolge, hatten sich doch auch immer wieder Schwächen gezeigt.

Tops
Severin Freund
Zugegeben: Am Ende hatte er es spannender gemacht, als es hätte sein müssen. Dennoch war die Saison mehr als nur erfolgreich für den deutschen Vorzeigespringer: Gesamtweltcup, Weltmeister, deutscher Skiflugrekord. Einzig bei der Vierschanzentournee wollte es erneut nicht klappen. Doch spätestens bei der WM in Falun war auf Freund Verlass. Zu Beginn ganz knapp Gold von der Normalschanze verpasst. Danach Gold im Mixed. Und schließlich Gold von Großschanze mit über 22 Punkten Vorsprung auf Rang 2. Lediglich im Teamwettbewerb gab es keine Medaille, was aber weniger an der Leistung Freunds lag, als vielmehr an den Schwächen seiner Teamkollegen. Mit schließlich 4 Siegen in Folge auf der Skandinavientour, bracht er sich in eine gute Ausgangslage für den Gesamtweltcup, den er aber Oslo auch anführte. Knapp wurde es dann in Planica, beim abschließenden Skifliegen, weil Konkurrent Peter Prevc besser mit der Schanze klar kam. Am Ende waren beide Punktgleich. Da Freund mehr Siege aufweisen konnte (9:3) konnte er sich nach Martin Schmitt und Jens Weißflog als dritter deutscher Springer den Gesamtweltcup gewinnen. Wenngleich früher als geplant. Mehr geht fast nicht in einer Saison. Damit dürfte Freund endgültig bewiesen haben, dass er die Nerven behalten kann und nicht schwächelt, wenn es darauf ankommt. Auch im nächsten Jahr dürfte er um die große Kristallkugel wieder ein Wörtchen mitreden. Allerdings hat da vor allem Peter Prevc entschieden etwas dagegen.

Carina Vogt
Nicht nur bei den Herren ist der DSV in der Weltspitze vertreten. Vor allem Carina Vogt unterstreicht Jahr für Jahr, dass der DSV auch bei den Damen nicht nur ein Wörtchen mitredet. Wie schon bei den Olympischen Spielen in Sotchi, war sie auch in diesem Jahr wieder da, wenn es darauf ankommt, nämlich rechtzeitig zur WM. Mit zwei Mal Gold in zwei Wettbewerben ging nicht mehr. Vor allem im Einzelspringen zeigte sie, dass sie, im Gegensatz zur im Weltcup dominierenden Konkurrenz, keine Nerven und brachte nicht nur zwei weite, sondern auch zwei stilistisch schöne Sprünge nach unten. Genau gleiches lieferte sie auch dann im Mixedwettbewerb ab. Hinzu kommt, dass sie im Weltcup ihre ersten beiden Weltcupsiege feiern konnte. Am Ende belegte sie dort Rang 3. Takanashi, vor allem aber Iraschko-Stolz waren da in diesem Jahr einfach zu stark. Doch zur nächsten Saison werden die Karten neu gemischt. Vielleicht schreibt sie erneut Geschichte, wenn sie die erste deutsche Gesamtweltcupsiegerin wird.

Teamleistung
Michael Neumeyer kann sich noch erinnern. An die Saison 2001/2002. Damals waren noch Sven Hannawald, Martin Schmitt, Michael Uhrmann, Stephan Hocke, Christoph Duffner, Jörg Jäckle und eben Neumeyer im Kader des DSV. Damals konnten besagte Springer zum ersten Mal die Nationenwertung für Deutschland gewinnen. 13 Jahre später findet sich aus diesem Kader nur noch Neumeyer im Aufgebot. Und ist damit wieder Teil eines Teams, welches die Nationenwertung für sich entscheiden kommen. Die Phalanx aus Österreich und Norwegen wurde besiegt. Was auch zeigt: Hinter Severin Freund ist nicht Schluss. Richard Freitag (mit immerhin zweifacher Sieger in der Saison), Marinus Kraus, der wiedergenesene Andreas Wellinger, Markus Eisenbichler. Selbst Stephan Leyhe und Andreas Wank sammelten immer wieder fleißig Punkte für den DSV. Zwar ging den Adlern gegen Ende der Saison ein wenig die Luft aus. Trotzdem behauptete man den Vorsprung vor Norwegen. Diese Leistung ist der Lohn für die Arbeit, die Werner Schuster begonnen hatte. Sukzessive hat er ein Team aufgebaut, welches dieses Ziel erreichen konnte. Am Ende fanden sich immerhin 5 Springer unter den besten 22 Springer der Welt. Ein Ende dürfte nicht in Sicht sein.


So lala
Richard Freitag
Gold im Mixed, zwei Tagessiege. Aber auch zahlreiche schwächere Leistungen. Richard Freitag zeigte wenig Konstanz, dafür aber große Schwankungen im Laufe der Saison. Bei der WM hatte man ihn schon auf der Streichliste, zeigte aber dennoch seine Leistung. Auch mit Rang 7 von der Normalschanze und Rang 15 von der Großschanze. Dann gab es aber immer wieder enttäuschende Platzierungen. Freitag hat nicht immer das abgerufen, was er zu leisten im Stande wäre. Für den Sommer müssen Werner Schuster und Co. die Schwachstellen finden und ausmerzen. Dann ist Freitag auch weiterhin ein Kandidat für die Top 10 der Welt. Aber nur, wenn diese Konstanz auch gefunden wird. Das Potential ist schließlich vorhanden.

Teamleistung
Sowohl ein Top, als auch nur Mittelmaß? Genau. Denn die Nationenwertung zeigt lediglich, dass die Mannschaft das Jahr über gut gepunktet hat. Was man auch an Hand zweier Teamsiege im Weltcup sehen kann. Dennoch zeigte die Mannschaft immer wieder Schwächen. Bei der WM war das Team deutlich hinter dem Anspruch geblieben. Am Ende sprang keine Medaille heraus. Ein wenig schwach für den Olympiasieger. Auch beim abschließenden Skifliegen war die Mannschaft mit Rang 6 nicht wirklich vorne dabei. Nicht immer konnte dabei die zweite Reihe überzeugen. Neumeyer, Eisenbichler, stellenweise auch Freitag verloren zu viel auf die Konkurrenz. Kraus war außer Form, Wellinger musste nach seiner Verletzung erst wieder heran geführt werden. Können diese Rückstände kompensiert werden, springen beim nächsten Mal auch wieder Medaillen heraus. Wie die Goldmedaille im Mixed. Dazu braucht es keine vier Ausnahmeathleten. Sondern vier, die gute Leistung bringen und als Team gemeinsam Punkte erzielen.

Teamleistung II
Eben habe ich mich um die Herrenabteilung gekümmert; nun soll die der Damen folgen. Denn hinter Carina Vogt sieht es doch ein wenig mau aus. Die übrigen "Adlerinnen" sind zwar durchgehend unter den besten 30 bei Springen zu finden. Allerdings eher um die Plätze 15 bis 30. Dennoch belegte die Mannschaft um Trainer Andreas Bauer in der Nationenwertung den dritten Rang. Juliane Seyfahrt (15.) und Katharina Althaus (13.) waren, neben Vogt, auch im Gesamtweltcup unter den besten 15 vertreten. Hinzu kommt, dass die Mannschaft an sich noch recht jung ist, genau wie die Sportart selbst. Deshalb darf der DSV nicht den Fehler machen und mögliche Förderungen einstellen. Bauer und sein Team müssen weiterhin einen Etat zur Verfügung gestellt bekommen, um am Team arbeiten zu können, sodass sich hinter Vogt vielleicht weitere Siegspringerinnen finden.

Flops
Vierschanzentournee
Und wenn die bekannten Gesichter keine Leistung bringen, kommt eben aus der zweiten Reihe etwas nach. Dieser Satz dürfte wohl ziemlich gut ausdrücken, was Österreich bei diesem Event von Jahr zu Jahr macht. Schlierenzauer und Vorjahressieger Diethard waren außer Form. Also kämpften Hayböck und Kraft um den Titel. Seit sieben Jahren kommt der Gewinner aus dem Nachbarland. Seit dem Gewinn von Sven Hannwald (2001/02 mit 4 Siegen) konnte kein Deutsche mehr gewinnen. Die Ambitionen sind von Jahr zu Jahr hoch. Und trotzdem will es nicht so recht klappen. Werner Schuster meinte zum Saisonabschluss, dass es vielleicht gar nicht verkehrt ist. Vielleicht waren die Erfolge im Laufe der Saison nur durch diesen Misserfolg möglich. Zudem hätte man jetzt weiterhin ein Ziel. Dennoch will es einfach nicht klappen. Auch wenn Richard Freitag in Innsbruck gewinnen konnte. Mit der Gesamtwertung haben die deutschen Adler wenig zu tun. Dieses Ziel sollte unbedingt angegangen werden.

Medienumgang
Sportler und Medien sind nicht immer die größten Freunde. Die Journalisten treffen nicht immer den richtigen Ton, wählen schlechte Fragen, der Springer ist nicht gut gelaunt. Viele Komponenten spielen da eine Rolle. Und zwar von beiden Seiten. Dennoch sollte ein gewisser, fairer Umgang mit den Medien von Seiten der Sportler gewahrt werden. Zwei Aspekte sind mir in Erinnerung geblieben.
Zum Einen war das Juliane Seyfahrt. Nämlich als Andreas Bauer bekannt gab, dass die im Einzel schlechter platzierte Katharina Althaus im Mixed springen darf. Nicht Seyfahrt. Diese wiederum nahm diese Enttäuschung zum Anlass, um ihre Wut in den sozialen Netzwerken kund zu tun. Sie hätte gezeigt, dass sie die klare Nummer 2 im Team ist. Eine interne Schlammschlacht kann beim DSV niemand gebrauchen. Am Ende hat sich gezeigt, dass Bauer das richtige Händchen hatte. Ob es mit Seyfahrt auch zu Gold gereicht hätte, bleibt Spekulation. Im Sport gehören solche Entscheidungen dazu.
Doch auch die Männer haben sich nicht immer mit Rum bekleckert. Markus Eisenbichler verweigert nach schwachen Sprünge gerne das Interview oder versucht Dinge schön zu reden. Michael Neumeyer besteht vehement darauf, dass seine Nominierungen gerechtfertigt sind und er in das Team gehört. Auch wenn die Leistung nicht immer stimmt. Klar, beim Teamwettbewerb lief vieles nicht rund. Dennoch sollte man als Sportler auch in der Lage sein, schwache Sprünge als solche zu erkennen und nicht versuchen, diesen Sprung noch gut zu reden. Dafür gibt es keine Punkte von der FIS.
Allerdings gehört dieser Punkt eher zu den Nebensächlichkeiten. Denn am Ende ist das doch eher Kritik auf ganz hohem Niveau. Betrachtet man die Leistung des DSV, sowohl bei Herren, als auch bei Damen, wird man feststellen, dass die richtigen Flops in dieser Saison ausgeblieben sind.

Perspektive
Nach der Saison ist vor der Saison. Und das gilt auch für drei Springer, die aus unterschiedlichen Gründen nicht auf dem Level waren, was sie im Normalfall haben. Zum Einen war das der verletzte Andreas Wellinger. Es war schon fast ein Wunder, dass er rechtzeitig zur WM wieder fit wurde. Und ab da zeigte er, dass er dennoch im Konzert der Großen bestehen kann. Der DSV machte hier alles richtig und schonte den Springer, um ihn nicht zu verheizen. Wellinger ist noch jung. Dem gehört die Zukunft. Und diese beginnt schon nächste Saison, wenn er wieder voll angreifen wird.
Gleiches gilt, hoffentlich, auch für den eher formschwachen Marinus Kraus. Der Teamolympiasieger brachte auch nicht immer das auf die Bretter, was er eigentlich leisten konnte. Allerdings sehe ich ihn immer noch als festen Bestandteil der Mannschaft. Ein wenig Aufbauarbeit im Sommer, und Kraus kann im Winter zu den Top 15 gehören.
Und bei noch einem muss der DSV Aufbauarbeit leisten. Andreas Wank, ebenfalls Teamolympiasieger, hing ebenfalls seiner Form hinterher. Regelmäßiges Ausscheiden nach dem ersten Durchgang ließen die Versetzung in den Kontinentalcup folgen. Zu wenig für Wank, der im Normalfall auch im ersten Glied mitspringen sollte.
Ich bin aber zuversichtlich, dass Werner Schuster und Co. die richtige Arbeit leisten werden, sodass die DSV-Adler auch im nächsten Winter wieder voll angreifen und um Titel mitspringen können.

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