Freitag, 21. Februar 2014

Heimvorteil - Mehr Fluch als Segen

Es sollte das Highlight der Olympischen Spiele in Sotchi werden. Ganz Russland war in Euphorie und hat sich nach diesem Triumph gesehnt: Eine Goldmedaille im Eishockey. Stellenweise wurde gar davon gesprochen, dass Putin die Spiele nur geholt hat, damit dieser Triumph wahr werden kann. Doch am Ende zeigte sich, dass die Mannschaft den Erwartungen und dem Druck nicht standhalten konnte.

Gespickt mit 15 Stars aus der NHL und 8 aus der KHL ging die russische Mannschaft voller Motivation und Tatendrang an den Start. Es sollte die Medaille werden, die das ganze Land erhofft und auch erwartet. Es wurde eine prächtige Arena errichtet, in der die Mannschaft ihre Spiele und schließlich auch das Finale bestreiten sollte.

Und der Auftakt ließ auch diese Hoffnungen zu. Ein souveränes 5:2 gegen Slowenien zum Auftakt. Superstar Alexander Owetschkin erzielte nach 1:17 gespielten Minuten gleich das erste Tor. Eine Nation im Freudentaumel. Der Auftakt war gelungen. Und viele waren sich einig, dass die Russen und die Kanadier, das ersehnte Duell Sidney Crosby gegen Alexander Owetschkin, das Finale spielen sollten. Ich kann mich da nicht ausschließen.

Doch bereits im nächsten Spiel, gegen die USA, sollte sich zeigen, dass Russland noch nicht die Form hat, um das Turnier gewinnen zu können. Im Gegensatz zu den Russen fehlt den US-Amerikanern nämlich momentan dieser Superstar in der NHL. Doch trotz Heimvorteil, war es ein Spiel auf Augenhöhe. Nach einem torlosen ersten Drittel, gingen die beiden anderen jeweils 1:1 aus, sodass es, nach einer erneut torlosen Overtime, ins Penalty schießen. Doch auch dort entschied erst der 16te (!) Penalty das Spiel. Ein Spiel, an Dramatik kaum zu überbieten und ein Fest für den neutralen Eishockeyzuschauer.

Im abschließenden Gruppenspiel ging es gegen die Slowakei. Sicherlich ist diese Nation, die 2010 im Halbfinale des Olympischen Turnieres stand und 2012 bei der WM Silber geholt hatte, nicht zu unterschätzen gewesen. Allerdings auch doch eine Stufe unter den hochkarätig besetzten Russen anzusehen. Trotzdem blieben nicht nur die drei Drittel torlos, sondern auch noch die Overtime. Was erneut für die Russen eine Entscheidung im Penalty-Schießen bedeutet. Auch wenn sie dadurch schließlich den Sieg holen konnten, blieb hinter den USA nur Rang 2 in der Gruppe.

Da allerdings nur die Gruppenersten direkt ins Viertelfinale kommen, musste die russische Mannschaft den Umweg über die Playoffs gehen. Gegen Norwegen gab es dann einen 4:0 Sieg, wodurch das Viertelfinale gegen Finnland gebucht wurde.

Und dort trat dann der GAU ein. Russland legte in den ersten Minuten der Partie zu und erzielte auch den 1:0 Führungstreffer. Doch die Finnen, ebenfalls mit zahlreichen NHL-Stars versehen, schreckten nicht zurück und erzielten fast im Gegenzug den Ausgleich, ehe Altstar Teemu Selänne noch im ersten Dritte die Führung für die Finnen erzielten und schließlich zu Beginn des zweiten Drittels auf den 3:1 Endstand erhöhte. Nicht Superstar Owetschkin bestimmte das Spiel, sondern Altar Selänne. Das Ende von der Euphorie; das Ende der Hoffnungen von der Goldmedaille. Russland ist aus dem Turnier ausgeschieden. Was ein Triumph werden sollte, wurde zu einem Debakel.

Die Sache alleine auf den Druck zu schieben, wäre vermessen. Klar, der Druck war vorhanden. Eishockey hat in Russland einen enorm hohen Stellenwert. Mehrere tausende Menschen haben vor Ort die Spiele verfolgt; an den TV-Geräten waren es Millionen. Doch eine Truppe, die Jahr für Jahr in der NHL aufs Eis tritt muss mit einem solchen Druck umgehen können. Und falls doch eine gewisse Nervosität auftaucht, was auch verständlich wäre, war der Trainer nicht in der Lage, diese Last von den Schultern der Spieler zu nehmen. Auch dies führte schließlich zu einer Lähmung der Mannschaft.
Ebenso wurde der Kader im Vergleich zur WM vor zwei Jahren kaum personell geändert. Trotzdem reisten die NHL-Spieler erst spät an und konnten kaum mit den anderen Spielern trainieren. Allerdings kann sich eine Mannschaft im Laufe eines Turnieres durchaus noch einspielen. Vor allem wenn es sich um hochkarätige Profis handelt.
Vielmehr gelang es dem Trainer nicht aus den zahlreichen Einzelkönnern eine Mannschaft zu formen. Auch wenn die Spieler anderes verlauten ließen, zeugen die Ergebnisse am Ende von dieser Tatsache. Denn am Ende bleibt Eishockey immer noch ein Mannschaftssport. Das zeigt, dass auch ein Gegner wie die Slowakei mit den favorisierten Russen mithalten konnte. Es bringt einer Mannschaft wenig, wenn die Einzelkönner nicht miteinander harmonieren. Zwar braucht es in jeder Mannschaftssportart solche Einzelkönner. Allerdings müssen die sich auch in den Dienst der Mannschaft stellen. Der Blick für den besser positionierten Mitspieler ist ebenso wichtig, wie ein Distanzschuss.
Weiterhin spielte Superstar Owetschkin kaum eine Rolle. Das Aushängeschild des Turnieres konnte seine Leistung nicht aufs Eis bringen. Immer wieder gingen seine Aktionen unter. Seine Teamkollegen drängten sich in den Vordergrund, sodass vom Superstar kaum etwas zu sehen war.
So muss sich Russland das Finale Schweden gegen Kanada vom Sofa aus ansehen. Zwei Mannschaften, die zwar mit NHL-Spielern und auch Superstars gespickt sind, allerdings auch zu einer Mannschaft wurden. Mit Kanada hatte ich zumindest einen Finalteilnehmer richtig getippt. Trotzdem wird dies das russische Volk wenig aufmuntern. Am Ende wird es bei einem gescheiterten Versuch bleiben.

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