Als Magdalena Neuner 2012 ihre Karriere beendete, hatten viele schon dunkle Stunden im Biathlon gesehen. Spätestens, als Andrea Henkel 2014 ebenfalls zurück trat, kamen die Skeptiker heraus und prophezeihten, auch auf Grund des schlechten Abschneidens bei den Olympischen Spielen, der in Deutschland so beliebten Sportart eine durchwachsene Phase. Doch die Skeptiker sollten nicht Recht behalten. Denn heimlich, still und leise hat sich eine Athletin in die Riege der Weltklassebiathletinnen geschoben und sorgt seit dieser Saison für Furore. Die Rede ist von Franziska Hildebrand.
Zugegeben: Der Fluch des Podiums wollte auch beim Weltcup in Antholz, dem sechsten dieser Saison, nicht gebrochen werden. Auf der Zielgerade wurde Franziska Hildebrand noch von der Finnin Kaisa Mäkäräinen abgefangen und musste sich mit dem undankbaren vierten Rang begnügen. Doch das tut der Leistung, die Hildebrand in dieser Saison bringt, keinen Abbruch. Im Gegenteil.
Mit 9 Top 10 Plätzen in 14 Rennen belegt sie aktuell den sechsten Rang im Gesamtklassement - ohne eine Podestplatzierung, wohlgemerkt. Doch nicht nur im Einzel zeigt sie konstant gute Leistung. Auch in der Staffel stellt sie ihr Können immer wieder unter Beweis. Bei vier Staffelteilnahmen (1x Mixed, 3x Frauenstaffel) stehen zwei Siege, sowie zwei dritte Plätze zu Buche. Ihre bisherigen Weltcup-Platzierungen lesen sich nicht schlecht. Östersund (Einzel 6., Sprint 9., Verfolgung 10.), Hochfilzen (Sprint 5., Verfolgung 8.), Pokljuka (Sprint 21., Verfolgung 13., Massenstart 7.), Oberhof (Sprint 26., Massenstart 11.), Ruhpolding (Sprint 6., Massenstart 14.) und Antholz (Sprint 6., Verfolgung 4.) zeigen, wie konstant sie immer wieder ihre Ergebnisse erzielt. Ausrutscher nach unten gab es nur in Pokljuka und Oberhof. Ansonsten schaffte Hildebrand stets den Sprung unter die besten 15. Damit zeigt sie aber auch: Auf sie ist Verlass. Was wiederum den jungen Athletinnen im Team zu Gute kommt, da sie einen gewissen "Welpenschutz" erfahren und sich noch Fehler erlauben dürfen.
Nur mit dem Podium im Einzel hat es bei Hildebrand (bisher) noch nicht geklappt. Dennoch beweist die mit 27 Jahren älteste Athletin im deutschen Kader, dass es auch eine Zeit nach Neuner und Co. gibt. Eine Zeit, in der es aber auch neue Talente gibt. So konnten sich an ihrer Seite die jungen Athletinnen ebenfalls entwickeln. Mit Laura Dahlmeier und Franziska Preuss haben es zwei Deutsche in diesem Winter schon im Einzel auf das Podest geschafft. Generell ist das deutsche Team sehr jung aufgestellt. Franziska Preuß ist mit 20 Jahren die jüngste; doch auch Laura Dahlmeier, Luise Kummer (beide 21) und Vanessa Hinz (22) sind nicht wesentlich älter.
Hildebrand ist der Leitwolf, der dieses junge Team braucht. Auch wenn sie selbst erst ihre vierte Weltcup-Saison bestreitet. Dennoch lässt sie sich von nichts abbringen. Als nach der desolaten Leistung nach den Olympischen Spielen Co-Trainer Ricco Groß gehen musste, sorgte sie mit ihrem Veto dafür, dass sie weiterhin unter ihm an ihrem Stützpunkt trainieren darf. Schließlich war er maßgeblich an ihrer Entwicklung beteiligt.
Die Krise im Frauenbiathlon wird wohl nur eine Phrase bleiben, die Skeptiker in Umlauf gebracht haben. Auch wenn der Sprung aufs Podium noch nicht geklappt hat, sind die Leistungen von Hildebrand nicht zu verachten. Sie ist eine Athletin, die nicht nur mit der Weltspitze mithalten kann, sondern auch darin läuft. Wenn der Knoten erst einmal geplatzt ist, wird der Besuch auf dem Podest nicht mehr sporadisch kommen. Das hat Simon Schempp bei den Herren gezeigt, der die letzten drei Weltcups für sich entscheiden konnte. Spätestens zum Saisonhöhepunkt, der WM in Kontiolahti, wird mit Hildebrand im Einzel zu rechnen sein. Wenn die Form stimmt, wird sie dort um eine Medaille mitlaufen können. Und gemeinsam mit den anderen Athletinnen eine Post-Neuner-Ära einleiten. Wie erfolgreich diese dann sein wird, wird sich ab dem 5. März zeigen. Vielleicht mit einer Medaillengewinnerin Franziska Hildebrand - in einem Einzelwettbewerb.
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