Mittwoch, 28. Januar 2015

Katar sucht das Superteam

Zum ersten Mal in der Geschichte, steht Katar im Viertelfinale einer WM. Doch nun wird die Kritik daran groß. Immerhin hat sich der Verband hauptsächlich an ausländischen Spielern bedient, um diesen Erfolg einfahren zu können. Doch die Problematik liegt wo anders.

Denn zunächst muss gesagt werden, dass der katarische Handballverband nichts Verbotenes oder Illegales getan hat. Man hat dort im Sinne der geltenden Statuten gehandelt und muss daher auch keine Sanktionen befürchten. Auch wenn manch eine Stimme die Situation ein wenig anders einschätzt.

Doch der Reihe nach. Aus dem Fußball ist ja bekannt, dass ein Spieler, der mindestens ein Pflichtspiel für eine Nationalmannschaft gegeben hat, nicht mehr für ein anderes Land auflaufen darf. Zumindest grob gesagt. Im Handball ist das nicht so. Dort darf jeder Spieler nach einer dreijährigen Länderspielpause für eine neue Nation auf das Parkett treten. Mehrfache Wechsel sind nicht ausgeschlossen.

Diese Regelung hat sich der katarische Handballverband nun zu Nutze gemacht. Wenn die WM schon im eigenen Land ist, braucht es auch ein konkurrenzfähiges Team. Denn bei der WM vor zwei Jahren in Spanien reichte es lediglich zu einem 20. Platz. Was den Ansprüchen des WM-Gastgebers nicht entspricht. Also hat man sich umgeschaut und mit einem lukrativen Handgeld Spieler von anderen Verbänden geholt. So finden sich im endgültigen Kader neben den Spielern aus Katar auch welche aus Montenegro, Bosnien, Ägypten, Frankreich, Kuba, Spanien und Tunesien. Dazu hat man mit Valero Rivera López einen Erfolgscoach aus Spanien angeheuert. Neben dem WM-Titel 2013, finden sich in seiner Vita sechs Champions League-Siege, fünf Europacup-Siege, einmal den EHF-Pokal und zwei Mal die EHF-Champions-Trophy auf internationalem Boden. Hinzu kommen 23 nationale Meisterschaften, je acht Pokal- und Supercupsiege, sowie sechs weitere Titel.

Allerdings geht jetzt der Aufschrei los. Eine zusammengekaufte Truppe mischt in der Handballwelt mit. Dieses Novum ruft Entsetzen in die Gesichter der Sportromantiker. Folglich ist es auch nicht verwunderlich, dass jetzt Forderungen an den Weltverband IHF gestellt werden. Der ehemalige deutsche Nationalspieler Daniel Stephan, Schwedens Kapitän Tobias Karlsson und Österreichs Kapitän Viktor Szilagyi fordern nun unisono eine Regelung, wie es im Fußball gehandhabt wird. Ein Nationenwechsel ist im Handball nicht mehr tragbar und der Weltverband müsse nun umdenken.

Sicherlich mag das seine Richtigkeit haben. Allerdings finde ich den Zeitpunkt da ein wenig schlecht gewählt. Bob Hanning hat die Situation dagegen richtig erkannt und erwähnte, dass Deutschland auch schon davon profitierte, nämlich als Spieler, wie Andrej Klimovets oder Oleg Velyky für Deutschland auflaufen durften. Schon Bogdan Wenta wechselte 1997 die Staatsbürgerschaft und ging von der polnischen, zur deutschen Auswahl, um an den Olympischen Spielen 2000 in Sydney teilnehmen zu können. Auch bei Siarhei Rutenka hat sich niemand echauffiert. Immerhin kann dieser eine stattliche Anzahl an Wechsel vorweisen: Weißrussland, Slowenien, Spanien, Weißrussland.  Es ließen sich sicherlich noch weitere Beispiele nennen. Doch wenn man davon profitiert, ist diese Regelung ja ganz nützlich.

Nur hat es eben jetzt ein Land geschafft, diese Regelung vollends auszunutzen. Und da geht der Protest los. Wenn diese Regel wirklich so schlimm ist, warum hat man nicht früher eingeschritten? Von mir aus auch gerne, als Katar begonnen hatte sich das Team zusammen zu stellen. Jetzt ist es für diesen Einwand definitiv zu spät.

Zudem muss man Folgendes bedenken: Katar wäre durchaus in der Lage gewesen, sich eine Nationalmannschaft zusammen zu stellen, die dem Starensamble vom THW Kiel nahe kommt. Es findet sich mit Goran Stojanovic zwar ein Ex-Bundesligaspieler. Doch eine Weltauswahl ist das sicherlich nicht. Lediglich Insidern sind diese Namen bekannt. Kein Filip Jicha, kein Ivano Balic, kein Mikkel Hansen. Und es hätte mit Sicherheit einige Stars gegeben, die mit dem katarischen Team einen größeren Erfolg erzielt hätten, als mit ihrem eigenen Team.

So muss man mit möglichen Regeländerungen vorerst einmal warten bis mindestens das Turnier zu Ende ist. Und auch dann gibt es keine Garantie, dass diese Regel auch tatsächlich geändert wird.

Des Weiteren wird oftmals eine Seite übersehen, die aus meiner Sicht nicht irrelevant ist. Gehen wir noch einmal zum Fußball. Wer ein Pflichtspiel für ein Land bestritten hat, darf nicht mehr wechseln. Soweit die Regel. Ich nehme als Beispiel mal einen jungen Spieler, 22 Jahre alt, besitzt zwei Staatsbürgerschaften. Er läuft in einem Qualifikationsspiel auf und wäre damit für das andere Land nicht mehr spielberechtigt. Der Trainer möchte in Zukunft aber auf diesen Spieler nun verzichten. Damit bleiben ihm alle Chancen verwehrt noch auf internationaler Ebene ein Länderspiel bestreiten zu können. Dieses Beispiel ist nicht an den Haaren herbei gezogen, sondern entspricht durchaus der Realität. Der Trainer gibt diesem Spieler das Vertrauen, so sehr, dass dieser sich für dieses Land entscheidet. Und dann spielt er doch keine Rolle mehr in der Planung.
Sollte diesem Spieler wirklich die Chance auf einen internationalen Neuanfang verwehrt bleiben? Vielleicht sollte man einfach bei der FIFA einmal umdenken, anstatt bei der IHF. Schließlich gibt es zahlreiche weitere Sportarten, in denen ein Wechsel der Nation möglich ist. Michael Rösch, 2006 noch Olympiasieger mit der deutschen Biathlonstaffel startet mittlerweile für Belgien. Andreas Goldberger wollte nach dem Drogenskandal von 1997 für Jugoslawien an den Start gehen. Bisher gab es hier keine Beschwerden oder Aufschreie. Vermutlich braucht es erst eine katarische Biathlonstaffel, bzw. ein katarisches Skisprungteam, welches unter die Top8 kommt, damit diese Regel in Frage gestellt wird.

Was bleibt nun als Fazit? Auch eine zusammen gekaufte Mannschaft ist nicht automatisch ein Garant für Titel. Das musste man schon sportartenübergreifend feststellen. Es gibt, wie so oft, zwei Sichten auf diese Situation, die beide nicht ausgeschaltet werden dürfen.
Und apropos ausschalten. Genau das muss die deutsche Nationalmannschaft im Viertelfinale mit Katar auch tun. Und zwar auf sportlichem Weg. Also Daumen drücken für eine deutsche Mannschaft, die ein wirklich tolles Turnier bisher gespielt hat. Auf ins Finale!

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