Immer wieder hält der Fußball Überraschungen parat. Sowohl erfreuliche, als auch weniger erfreuliche. Bedenklich wird es aber, wenn Richtungen eingeschlagen werden, die unlogischer Natur sind. So gesehen am aktuellen Fall des 1. FC Kaiserslautern mit Torhüter Tobias Sippel.
Bevor ich zum Eigentlichen komme, noch ein paar Hinweise zu Sippel. Dieser wurde am 22. März 1988 in Bad Dürkheim geboren. Ein echter Pfälzer also, der schon früh seine Verbundenheit mit dem FCK fand. So war auch der Eintritt in den Verein 1998 keine große Überraschung.
2007 machte er sein erstes Profispiel, als er für den verletzten Florian Fromlowitz eingewechselt wurde. Da dieser den Verein zum Ende der Saison 2007/08 verließ, wurde Sippel die Nummer eins in Kaiserslautern. Diesen verlor er dann, zum Teil verletzungsbedingt, in der Saison 2008/09 an Luis Robles, den Kaiserslautern zu Beginn der Saison verpflichtet hat. Doch erst in der neuen Saison konnte er sich wieder als Nummer eins durchsetzen. 2010 folgte schließlich der Aufstieg von der zweiten in die erste Bundesliga. Doch schon im Januar 2011 verlor Sippel erneut seinen Stammplatz. Dieses Mal an Kevin Trapp, der auch in der Folgesaison den Kasten hüten sollte. Nachdem der FCK 2011/12 wieder abgestiegen war, zog es Trapp zur Eintrach nach Frankfurt. Also setze man bei den Pfälzern wieder auf Sippel.
Bis schließlich der Januar 2015 kommen sollte. Sollte der FCK den Aufstieg in die Bundesliga verlassen, würde man sich von Sippel trennen. Man wolle auf einen jüngeren Torwart setzen. Und genau da setzt für mich die Fragwürdigkeit des Vereins, aber auch des Sportes ein.
Zunächst ist Sippel eine absolute Identifikationsfigur für den Club. Trotz Angebote war er dem FCK in all den Jahren treu. Obwohl der Umgang selbst, aus meiner Sicht, seitens des Vereins nicht immer respektvoll war. Sippel war die Nummer eins, bis man einen besseren geholt und Sippel damit degradiert hat. Bis diese neue Nummer eins die Flucht ergriff. Da setze man dann wieder auf Sippel. Bis ein neuer Torwart kam. Das ganze ist ja nicht nur einmal passiert. Was muss in einem jungen Spieler vorgehen, wenn so mit ihm umgegangen wird? Und trotzdem kam für ihn ein Wechsel nicht in Frage. Dann lieber die Nummer zwei, als bei einem anderen Verein. Nun denn, Vereinsikonen werden ja gerne einmal mit den Füßen vom Hof getreten. Vielleicht gibt es talentiertere Torhüter, das möchte ich nicht bestreiten. Trotzdem ist Sippel nicht die schlechteste Wahl für das Tor. Ich denke nicht, dass der FCK einen Manuel Neuer verpflichten kann.
Was mir aber noch mehr sauer aufstößt ist der Weg, den der FCK einschlagen möchte. Es ist völlig legitim, wenn man nach und nach einen Kader verjüngern möchte. Es ist klar, dass manche Spieler nicht bis ins hohe Sportalter hinein die volle Leistung abrufen können.
Dennoch geht mir diese Entwicklung zu weit. Ein Torwart, der mit 26 Jahren zu alt ist, ist definitiv eine bedenkliche Entwicklung. Vor allem, da Sippel, wie auch andere, den Höhepunkt der Leistungskurve noch gar nicht erreicht hat. Insbesondere bei Torhütern hat man doch gesehen, dass diese auch bis an die, manche sogar bis über, 40 noch starke Leistung bringen können. Wo soll das denn hinführen?
Man könnte entgegen halten, dass es ja durchaus Beispiele gab, die diese Tendenz bestätigen. Iker Casillas zum Beispiel, der mit 19 für Real Madrid die Champions League gewann. Oder Manuel Neuer, bzw. René Adler bei Schalke und Leverkusen.
Doch es gibt auch einige Gegenbeispiele. Manuel Neuer gewann "erst" mit 26 die Champions League, mit 27 wurde er Weltmeister. Casillas war gar 29 beim WM-Triumpf der Spanier 2010.
Vergleicht man die Top10 der wertvollsten Torhüter (laut transfermarkt.de), wird man feststellen, dass das Durchschnittsalter bei 26,4 Jahren liegt, bei den Top25 bei 26,56 Jahren. Ja, man findet immer wieder ein paar "jüngere" Torhüter in der Liste. Doch haben die auch ein größeres Entwicklungspotential und haben damit einen automatisch höheren Marktwert. Das zeigt aber, dass die Vereine auf Torhüter setzen, die 25+ sind. Die Altersklasse, in der sich Sippel gerade befindet.
Die Frage bleibt zudem, ob ein Torhüter mit wenig Erfahrung in solchen Situationen bestehen kann. Der FCK möchte wieder erstklassig werden. Es geht dem Verein nicht darum, dass man um die Mittelfeldplätze der zweiten Liga spielt. Es geht um nicht weniger als einen Platz unter den besten 3. Und wenn das erreicht ist, und man wieder in der ersten Liga spielt, geht es, aller Voraussicht nach, um den Abstieg. Da muss sich ein Torhüter erst einmal zurechtfinden. Wie gesagt, ich möchte nicht abstreiten, dass ein junger Torhüter das nicht kann. Aber manchmal braucht es eine gewisse Erfahrung.
Zudem hat die ganze Sache noch einen weiteren faden Beigeschmack. Wenn der Verein sagt, dass Sippel gehen muss, wenn sie nicht aufsteigen, wird quasi ihm die Schuld am verpassten Aufstieg gegeben. Doch zu einer Mannschaft gehören noch mehr Spieler.
Wie gesagt, es ist legitim Spieler zu verkaufen oder den Kader zu verjüngern. Aber wenn der Generationenwechsel bereits mit 26 Jahren erfolgen soll, sind das bedenkliche Schritte, die der Fußball gehen wird. Dass es manchmal doch von Vorteil sein kann, wenn ein paar Spieler an der 30er-Grenze kratzen hat man jüngst bei der WM in Brasilien gesehen. Das gleiche Team, welches 2010 noch gegen Spanien im Halbfinale verlor, war endlich reif für den Titel. Vielleicht ist zu jung nicht immer gut. Als Beispiel fällt mir Sven Ulreich vom VfB Stuttgart ein. Der war auch die Nummer eins bei den Schwaben, bot allerdings keine überragenden Leistungen. Somit verpflichtete man mit Jens Lehmann einen erfahrenen Torhüter, hinter dem sich Ulreich entwickeln konnte. Noch heute pflegen beide einen intensiven Kontakt. Ulreich ist für die zwei Jahre hinter Lehmann dankbar. Ohne ihn hätte er nicht diese Entwicklung nehmen können. Denn der Unterschied bei seiner Leistung ist doch erkennbar.
Im Übrigen befindet sich Skispringer Noriaki Kasai mit 41 noch lange nicht am Zenit. Mit über 40 wurde er bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotchi älterster Medaillengewinner. Genau so wie Albert Demtschenko und Ole Einar Björndalen, die auch mit über 40 bei diesen Spielen Medaillen holten, Björndalen sogar Olympiasieger wurde. Aber das nur am Rande.
Der älteste Spieler der Champions League war im Übrigen Marco Ballota, der mit 43 Jahren und 253 Tagen bei Lazio Rom gegen Real Madrid spielte. Als Torhüter, selbstverständlich.
Ich wünsche Tobias Sippel wirklich alles Gute. Und dass er einen Verein finden wird, der seine Treue zu schätzen weiß und bei dem er zeigen kann, dass ein 26-jähriger Torhüter noch lange nicht zum alten Eisen im Fußball gehört.
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