Als Novak Djokovic verkündete, dass Boris Becker sein neuer Trainer wird, war das Echo in den Medien groß. Viele sahen diese Kombination bereits im Voraus als zum Scheitern verurteilt. Was könne Becker dem "Djoker" schon beibringen? Ebenso gibt es ja immer wieder peinliche Ausflüge von Becker in den Medien. Doch ganz so einfach war die Sache dann doch nicht.
Ein Vierteljahrhundert lag zwischen dem vorerst letzten Champions Dinner und dem aktuellen. Damals, 1989, als Becker zum dritten Mal in Wimbledon triumphierte, war Djokovic gerade einmal zwei Jahre alt und Deutschland war noch getrennt. 25 Jahre später darf Becker wieder an diesem Dinner teilnehmen - nun aber als Trainer. Nach einem herausragenden Finale auf dem Grün besiegte sein Schützling schließlich Roger Federer in einem mehr als dramatischen Duell.
Aber war es wirklich Becker, der hier Teilerfolg hat? Ja, war es. Denn dieser hat dafür gesorgt, dass Djokovic immer wieder in seine Fähigkeiten vertraut, nicht verzweifelt, weil es gerade nicht läuft, sondern sich besinnt, um dann zurückzuschlagen. So spielten auch Rückstände keine Rolle mehr, denn der "Djoker" kam selbst zurück. Beckers Aufgabe liegt ohnehin nicht darin, die spielerische Klasse seines Schützlings zu verbessern. Was will man einem Spieler beibringen, der bereits sechs Grand Slam-Titel auf dem Konto hat und Nummer eins der Welt war. Vielmehr ging es um die Arbeit im mentalen Bereich. Denn Becker hat selbst als Spieler solche Situationen durchlaufen müssen. Und von dieser Erfahrung und von diesem Wissen profitiert Djokovic nun. Gleichzeitig sorgt Becker als "Schutzschild", damit sich Djokovic auf das Tennis konzentrieren kann. Mit Erfolg, denn der Serbe hatte zuvor fünf seiner sechs letzten Endspiele verloren. Doch dieses Mal hielten die Nerven. So gut, dass er Becker zum Franz Beckenbauer des Tennissports machte - als Spieler und Trainer in Wimbledon erfolgreich. Doch die Zusammenarbeit endet hier noch lange nicht. Das Duo hat noch weitere Ziele: Die US-Hartplatzserie soll nun in Angriff genommen werden.
Dieser Sieg von Djokovic war sowohl für ihn, als auch für Becker als Trainer sehr wichtig. Zum Einen hat es gezeigt, dass Djokovic wieder auf dem Niveau angekommen ist, auf dem er selbst einmal war. Er ist wieder zurück, er gewinnt wieder Finals, er ist wieder die Nummer ein. Doch der eigentliche Gewinner ist aus meiner Sicht Boris Becker. Dieser Sieg hat gezeigt, dass seine Verpflichtung als Trainer kein mediales Ereignis war, um Aufmerksamkeit zu bekommen, sondern das etwas dahinter steckt. Es hat gezeigt, dass Becker auch als Trainer in der Lage ist, etwas zu reißen, nämlich in dem er seinen Spieler mental festigt. Und dass es wirklich ein Trainerjob ist, den er mit aller Ernsthaftigkeit angeht. Aus meiner Sicht bringt das auch einen Boris Becker nach vorne. Leider gab es in der Vergangenheit immer wieder Auftritte, die das Image der Tennislegende beschädigten, so zum Beispiel der Auftritt bei Oliver Pochers Show und die davor abgehaltene, virtuelle Schlammschlacht. Das hat sehr an Beckers Ruf gekratzt. Dieser Sieg war ein Beispiel dafür, dass der Kerl mehr drauf hat, als irgendwelche nonsense Unterhaltungssendungen mitzumachen, sondern dass er weiterhin auf sportlicher Ebene erfolgreich sein kann. Daher poliert diese Zusammenarbeit, Stand jetzt und aus meiner Sicht, das Ansehen von Boris Becker ein wenig auf. Zudem glaube ich, dass er sich in dieser Position solche Ausflüge in die Peinlichkeit nicht erlauben kann und auch nicht erlauben wird. Und es wäre echt bedauerlich, würde man einen Menschen, der solche Erfolge vorweisen kann, nur auf Grund peinlicher Auftritte in Erinnerung behalten würde. Er war und ist immer noch einer der erfolgreichsten deutschen Sportler. Da bleibt die Frage, ob dieser erfolgreiche Sportler auch ein erfolgreicher Trainer werden kann. Der erste Schritt hierfür ist getan. Der Wimbledon-Sieg von Djokovic war die erste Ernte, die die beiden einfahren konnten. Jetzt gilt es auch die nächsten Früchte zu pflücken.
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