Mittwoch, 9. Juli 2014

Der Dirigent des Weißen Balletts

Ein Verein trauert um einen der größten Spieler seiner Geschichte: Die Real Madrid-Legende Alfredo di Stefano ist im Alter von 88 Jahren verstorben. Ein Nachruf zu einer Fußball-Legende.

Alfredo di Stéfano kam am 4. Juli 1926 in Buenos Aires (Argentinien) zur Welt und entwickelte schon als kleiner Junge eine Leidenschaft zum Fußball. Durch seinen Vater, der ihn stets förderte, entwickelte er seine Liebe zu River Plate Buenos Aires, bei denen er schließlich im Alter von 15 Jahren ein Probetraining absolvierte und auch auf Anhieb überzeugte. So war es nur eine Frage der Zeit, bis er schließlich vier Jahre später in den Profikader aufgenommen wurde.

River Plate galt als beste Mannschaft des südamerikanischen Kontinents. Doch zunächst kam der junge di Stéfano nicht an Mittelstürmer Adolfo Pedernera vorbei, sodass er zunächst ausgeliehen wurde, um Spielpraxis zu sammeln. Bereits in seiner ersten Saison zeigte sich das Talent des Argentiniers, als er in 25 Spielen immerhin zehn Tore schoss. Mit reichlich Selbstbewusstsein im Gepäck kehrte er zu River Plate zurück, um dort Stammspieler zu werden. Dort wurde er dann mit 27 Toren in 30 Spielen Torschützenkönig und hatte großen Anteil an der gewonnen Meisterschaft. Überzeugen konnte di Stéfano vor allem durch seinen robusten Körberbau, mit dem er sich durchsetzen konnte, aber auch durch seine Schnelligkeit und seine Dribblings.

Allerdings sorgte ein Streit zwischen Ligaverband und Spielergewerkschaft den Spielbetrieb der argentinischen Liga, sodass di Stéfano, wie viele andere Spieler auch, nach Kolumbien wechselte und zwar zu CD Los Millonarios. Erstaunlich dabei war, dass sein Club River Plate davon nichts wusste und auch keine Transferentschädigung erhielt.
Am Ende seiner ersten Saison holte di Stéfano erneut die Meisterschaft. Die Millonaros avancierten zu einem unschlagbaren Team und holten von 1951 bis 1953 nicht nur drei weitere Meisterschaften, sondern auch noch einen Pokalsieg. Di Stéfano selbst wurde der unumstrittene und absolute Superstar der Mannschaft, der darüber hinaus zwei Mal die Wertung des besten Torschützen gewann. Durch ein Freundschaftsspiel gegen Real Madrid zu dessen 50-jährigem Bestehen, wurden auch Clubs in Europa auf den Argentinier aufmerksam. Und so sollte sich einer der spektakulärsten Wechsel des Fußballs anbahnen.

Denn nun wollte Real Madrid diesen Spieler verpflichten. Der hatte aber bereits einen Vertrag beim FC Barcelona unterschrieben. Die wiederum hatten 4 Millionen Peseten (etwa 217.000 Euro) an die Millonaros als Entschädigung gezahlt. Doch Real-Präsident Bernabeu wollte di Stéfano unbedingt und überwies 1,5 Millionen Peseten (81.000 Euro) an die Millonaros. Somit hatten beide Vereine eine Ablösesumme für einen Spieler bezahlt. Dieser Problematik wandt sich der spanische Verband zu, die beschlossen, dass di Stéfano je zwei Saisons für Real und zwei für Barcelona spielen sollte. Damit war Barcelona aber nicht einverstanden und zog den Transfer zurück, obwohl di Stéfano in Freundschaftsspielen bereits für die Katalanen auflief, aber nicht so recht überzeugen konnte. Real zahlte etwa 4 Millionen Peseten an Barcelona als Entschädigung, sodass das Transfervolumen bei 5,5 Millionen Peseten, als 298.000 Euro, lag. Damit war der Wechsel vollzogen und di Stéfano sollte sich den Königlichen anschließen.

Was dort passierte, hätte wohl niemand vorhersagen können. Gleich in seiner ersten Saison wurde er mit 27 Toren Torschützenkönig und schoss Real zum ersten Meistertitel seit 21 Jahren. Krönung war dabei zweifelsohne die Partie gegen den FC Barcelona, in welcher Real mit 5:0 gewann und di Stéfano selbst vier Treffer markierte. Nach und nach entstand um den Argentinier eine Mannschaft, die den Mythos des "Weißen Balletts" begründen sollte. Spielerisches Können vermischte sich mit Eleganz und technisch anspruchsvollem Fußball. Insgesamt holte er acht Meistertitel mit Real und einen Pokalsieg. Die meiste Anerkennung dürfte er sich aber im neu gegründeten Europapokal der Landesmeister geholt haben. Mit ihm gewann Real die ersten fünf Austragungen in Folge - ein Erfolg, den bis heute keine Mannschaft wiederholen konnte. Hinzu kommt der Weltpokal im Jahre 1960.

Di Stéfanos Spielweise war unbeschreiblich. Nicht ohne Grund wird er unter den Top5 der besten Spieler aller Zeiten angesehen, noch vor seinem Landsmann Maradonna. Ihn zeichnete eine unnachahmliche Eleganz aus. Ebenso hatte er auf dem Platz eine Aura, die die anderen Mitspieler mitreißen konnte, aber auch dem Gegner den nötigen Respekt einflößte. Er beschränkte sich nicht nur auf den gegnerischen Strafraum, sondern war auch im Mittelfeld zu finden, wo er sich immer wieder Bälle holte. Trotzdem stand er immer im Dienst der Mannschaft und blieb immer auf dem Boden.

Doch als 1960 der Glanz von Real schwinden sollte, bewog Präsident Bernabéu den 38-jährigen di Stéfano zum Karriereende. Gleichzeitig bot er ihm einen Job als Sportdirektor an. Doch dieser lehnte ab und spielte noch einmal zwei Jahre für RCD Espanyol Barcelona, bevor er endgültig seine Karriere beendete.

Für Real Madrid erzielte er in 396 Spielen 307 Tore. Er war über 40 Jahre lang Toptorjäger der Königlichen und wurde erst von einer anderen Clublegende, Raùl, eingeholt. Er war der erste Spieler, der vier Mal in Folge Torschützenkönig in der Primera Division werden konnte, was nach ihm nur Hugo Sánchez (ebenfalls Real Madrid) schaffen konnte.

Am 7. Juni 1967 fand schließlich im Estadio Santiago Bernabéu von Madrid ein Abschiedsspiel vor 130.000 Menschen statt.

Während er auf Vereinsebene Erfolg um Erfolg, und Titel, um Titel holte, lief es in der Nationalmannschaft weniger gut. Zunächst debütierte er für die argentinische Nationalmannschaft. Dort lief es zunächst auch gut für ihn, denn er gewann die Südamerikameisterschaft. Doch mit dem Wechsel nach Kolumbien wurde er nicht mehr für das Team berufen. Daher bestritt er vier Spiele für die kolumbianische Nationalmannschaft, die von der FIFA allerdings nicht anerkannt wurden.
1956 erhielt er dann die spanische Staatsbürgerschaft, was ihm die Berechtigung einbrachte, für dieses Land spielen zu dürfen. Doch Spanien verpasste überraschend die WM 1958. Für die WM 1962 in Chile konnte sich das Team zwar qualifizieren, doch di Stéfano konnte auf Grund einer Muskelverletzung nicht am Turnier teilnehmen. Er reiht sich damit in die Liste von Superstars ein, die nie ein WM-Spiel bestritten haben.

Doch auch nach seiner aktiven Karriere war di Stéfano dem Fußball treu und wurde Vereinstrainer. Mit den Boca Juniers wurde er zwei Mal argentinischer Meister; mit dem FC Valencia einmal spanischer Meister und 1980 Europapokalsieger. Mit Real holte er 1990 den spanischen Supercup.

Zehn Jahre später wurde er zum Ehrenpräsidenten von Real Madrid ernannt. Ebenso wurde das Stadion der zweiten Mannschaft von Real im Jahr 2006 nach ihm benannt. Des Weiteren zeichnet die Marca jedes Jahr den besten Spieler der Primera Division mit der Trofeo Alfredo di Stéfano aus.

Kommentatoren bezeichneten sein Spiel als ein "schwereloses Spiel", bewunderten seine Technik. Er war ein Allrounder, wie aus dem Buche, ein "kompletter Spieler". Er besaß eine ungeahnte Brillianz und Spielübersicht und war trotzdem ein Mannschaftsspieler. Nicht um sonst wird er als Dirigent des "Weißen Balletts" bezeichnet. Die Mannschaft entstand um ihn herum und er wusste sie zum Erfolg zu führen. Selbst die Gegner standen bei seinen Europapokalspielen Spalier und holten sich Autogramme ab. Unvergessen auch der Sieg in eben jenem Wettbewerb 1959 gegen Eintracht Frankfurt, als er drei Tore erzielte und Puskas die anderen vier. Zu seiner Zeit war er der Beste.
Die Betroffenheit seines Todes zeigte sich weltweit. Sepp Blatter bezeichnete ihn als "meinen Lieblingsspieler", Pele als "Legende des Spiels", Casillas als "Legende von Real Madrid". Ex-Real-Trainer Mourinho ließ verlauten, dass er "der beste Spieler in der Geschichte von Real Madrid und einer der größten aller Zeiten" gewesen sei. Und auch Luis Suarez würdigte di Stéfano als "Genie des Fußballs". Auch bei Real selbst war die Bestürzung sehr groß, kannten ihn die Spieler doch persönlich. Bei jedem offiziellen Termin, bei jeder Neuvorstellung eines Spielers, bei jeder Vertragsunterschrift war der Ehrenpräsident dabei. Angeblich hatte er ein Mitspracherecht, was die Transferangelegenheiten betraf.

Doch auch abseits des Platzes hatte er immer wieder einen Spruch auf den Lippen:
- "Tore schießen ist wie LIebe machen: Alle Welt weiß, wie das geht, aber keiner macht das so wie ich."
- "Der wahre Fußball war zu Ende, als der erste Fön in den Umkleidekabinen Einzug hielt."
- "Der Ball ist aus Leder, das Leder kommt von der Kuh, die Kuh frisst Gras, deshalb muss man den Ball aufs Gras werfen."
- "Ich habe mit 40 aufgehört, weil meine Töchter mich eines Tages anschauten und sagten, Papa, mit Glatze und kurzen Hosen, das steht dir nicht."

Ein großartiger Spieler hat den Fußball verlassen. Doch die Erinnerung an di Stéfano werden stets aufrecht erhalten bleiben.

http://www.utahpeoplespost.com/wp-content/uploads/2014/07/Alfredo-Di-Stefano-Dies-at-Age-88.jpg







Im Anschluss noch ein paar Videos, die die Spielweise di Stéfanos demonstrieren.

https://www.youtube.com/watch?v=5On90SBNllQ

https://www.youtube.com/watch?v=bCAlqBamBjs

https://www.youtube.com/watch?v=5nAmo43w3hE

https://www.youtube.com/watch?v=zxPHlCbi4-g

Anmerkung: Bilder und Videos sind nicht von mir. Bild von images.google.com; Videos auf Youtube gefunden.

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