Die letzten Spiele stehen an. Heute ein Klassiker, der gar kein Klassiker ist: Deutschland gegen Brasilien. Denn die beiden Mannschaften haben bisher einmal bei einer WM gegeneinander gespielt, nämlich 2002 im Finale. Die Deutschen wollten zeigen, dass auch ein Sieg über Brasilien auf nicht-deutschem Boden möglich ist. Doch der Gastgeber wollte den Ausfall von Neymar nicht auf sich sitzen lassen und trotzdem Gas geben. Jetzt ging es um alles oder nichts.
Halbfinale 1: Brasilien - Deutschland 1:7 (unfassbar!)
Brasilien erwischte dabei den besseren Start, hatte bereits in der dritten und fünften Minute die ersten beiden Chancen. Doch beim ersten Mal ging der Ball von Marcelo vorbei; beim zweiten Versuch fing Neuer die Hereingabe ab. Doch auch Deutschland bekam in der achten Minute, als Khedria beim Fernschuss Toni Kroos traf. Und bereits in den Anfangsminuten war erkennbar, dass sich hier zwei Teams auf Augenhöhe begegneten. Und dann brach die elfte Minute an. Kroos mit dem Eckball nach innen, Müller nimmt das Ding volley und ballert das Ding in die Maschen. Deutschland führte gegen den Gastgeber. Die Antwort von Brasilien war allerdings weniger ein Torversuch, als viel mehr kleinere Fouls um das Aufbauspiel zu verhindern. Pech für den Gastgeber, dass dieses Mal ein Schiedsrichter pfiff, der dies ahndete. Dann ein Aufreger in der 17. Minute, als Marcelo einen Elfmeter forderte, Lahm aber sauber klärte und es zu einem kleinen Tumult kam. Doch der Schiedsrichter sprach nur ermahnende Worte. Und dann wurden die Geschichtsbücher neu geschrieben: 23. Minute, Miroslav Klose, 16 Tore! Deutschland erhöhte auf 2:0. Brasilien konsterniert und geschockt. Die Antwort von Brasilien blieb aus. Stattdessen setzte Toni Kroos mit einem Schuss an der Strafraumgrenze nach und erzielte das 3:0. Brasilien völlig von der Rolle. Da passte jetzt gar nichts mehr zusammen. Der Gastgeber völlig überfordert mit einer deutschen Mannschaft, die Weltmeister werden will. Und dann drohte das Debakel: Kaum war der Wiederanpfiff erfolgt, spielte Kroos auf Khedira, der wieder zurück und Kroos mit dem 4:0. Brasilien nur die ersten fünf Minuten auf Augenhöhe. Danach brach die Mannschaft auseinander. Wer hat noch nicht, wer will noch mal? 29. Minute, Khedira, 5:0. Wie sollte Brasilien das noch aufholen? Ja, Schweden hatte damals den Ausgleich gegen Deutschland geschafft. Doch hier ist kein Ibrahimovic auf dem Platz, kein Messi, kein Ronaldo, kein Neymar. Bisher war kein Spieler zu sehen, der auch nur annähernd in der Lage wäre auch nur den Ehrentreffer zu erzielen. Und was machte eigentlich Deutschland? Die drängten auf das nächste Tor. Nach mehr als einer halben Stunde Kroos mit einem Fernschuss, der nur knapp zur Ecke abgefälscht wird. Bei Brasilien ging überhaupt nichts mehr. Fast alle Spieler des Gastgebers nun im eigenen Strafraum um das Debakel möglichst gering zu halten. Und der Blick in die Gesicher der brasilianischen Spieler war eindeutig: Hoffnungslosigkeit, Resignation. Deutschland mit gefühlten 100% Ballbesitz. Brasilien schien nur noch den Ball zu haben, wenn sie ihn aus den eigenen Reihen irgendwie wegschlägt. Und wenn sie dann doch mal den Ball im Mittelfeld hatten, dann folgte auch umgehend der Ballverlust. Entweder durch einen Fehlpass oder durch den Angriff eines deutschen Spielers. Und dann pfiff der Schiedsrichter zur Halbzeit. Eine kleine Erlösung für Brasilien. Unterschiedlicher hätten die beiden Mannschaften auf dem Platz nicht sein können. Auf der einen Seite der Gastgeber, bei dem gar nichts zusammenpasste. Auf der anderen Seite EINE deutsche MANNSCHAFT. Ein Team, das kämpft und sich in einen Rausch gespielt hat. Nun gilt es diesen Schwung mitzunehmen.
Zur zweiten Hälfte brachte dann Löw Mertesacker für Hummels, der für das Finale geschont wird. Und dann hatte plötzlich Brasilien doch eine Chance. Doch Neuer klärte im letzten Moment vor Oscar. Wenige Minuten später hatte dann Paulinho das brasilianische Tor auf dem Fuß, doch erneut war Neuer zur Stelle. Nach fast einer Stunde verabschiedete sich dann Rekordtorschütze Klose und machte Platz für Schürrle. Kurze Zeit später wollte es Müller noch mal wissen und nahm den Brasilianern im eigenen Strafraum den Ball ab, scheiterte aber am Torhüter. Die nachfolgende Ecke führte über mehrere Stationen erneut zu einer Chance für Müller. Doch erneut war Caesar zur Stelle. Der Junge hat wohl doch den Goldenen Schuh für den besten Torjäger im Blickfeld. Unschöne Szene dann nach 65. Minuten, als Paulinho Höwedes von den Beinen holt, ohne dass der Ball eine Rolle gespielt hätte. Ebenso keine schöne Aktion, dass in Fred die Zuschauer den Schuldigen gefunden haben und ihn fortan mit Hass- und Schmähgesängen, sowie Pfiffen bombardierten. Ach ja, Fußball wurde auch noch gespielt: Nach fast 70 Minuten spielte Lahm auf Schürrle, der das halbe Duzent voll machte. Ab und zu gab es dann immer wieder zaghafte Versuche der Brasilianer, doch zu harmlos, um Neuer in Bedrängnis zu bringen. Dann folgte nach 75 Minuten der nächste taktische Wechsel, als Draxler sein Debüt feierte und für Khedira eingewechselt wurde. Kurz darauf machte sich der Frust bei David Luiz bemerkbar, der dies gleich an Müller ausließ. Doch die Gemüter beruhigten sich schnell. Apropos: In der 79. Minute wollte Schürrle dann doch noch mal ein Tor machen - 7:0. Der Ehrentreffer sollte den Brasilianern dann doch nicht verwehrt bleiben: Oscar in der 90+1. Minute mit dem 7:1.
Und dann war das Spiel zu Ende. Deutschland demontiert den Gastgeber. Eine Mannschaft, die heute nie in der Lage war gegen die Truppe von Löw zu gewinnen. Sicherlich fehlte Neymar, sicherlich fehlte Thiago Silva. Doch so wenig, wie hier zusammen lief, hat das Kollektiv einfach versagt. Es hat gar nichts zusammengepasst. Man kann nun das Spiel auseinander nehmen. Muss man aber nicht. Das Ergebnis spricht schließlich für sich.
Und auf der anderen Seite? Hat Löw genau das gemacht, was ein Trainer machen muss: Eine Mannschaft formen, die den WM-Titel gewinnen möchte. Nein, gewinnen kann. Deutschland hat vermutlich nicht die Superstars wie Messi, Ronaldo, Neymar und Co. Aber Deutschland hat eine Mannschaft. Die sowohl nach hinten sicher stand. Und hierfür war es auch wichtig, dass Philipp Lahm wieder als Rechtsverteidiger auflief - einfach bärenstark auf dieser Position. Doch auch Manuel Neuer, der beste Torhüter des Turnieres, ist Rückhalt. Aber auch nach vorne hin effektiv war. Eine Mischung, aus Effizienz, Hurrafußball, Kollektivleistung - kurzum: Einer Weltmeistermannschaft. Wichtig ist jetzt nur den Kopf klar zu bekommen und das Ding nach Hause fahren. Nach dieser Leistung ist Deutschland der Topfavorit - egal wer das zweite Halbfinale gewinnt. Hut ab, Respekt. Vor dieser Leistung kann man sich nur verneigen. Danke, Jungs! Danke für diese Stunde der Fußballgeschichte!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen