Dienstag, 24. Juni 2014

Der deutsche Handball am Scheideweg

Was war das noch 2007. Das Wintermärchen im Handball wurde war. Weltmeister im eigenen Land. Die Handball-Euphorie war groß. Plötzlich stand auf der Sport-Speisekarte neben Fußball auch diese Sportart. Die Bundesliga rückte mehr in den Fokus, Nationalspieler waren plötzlich wieder bekannt. Sieben Jahre später ist von der Euphorie nichts mehr da. Stattdessen steht der deutsche Handball vor dem Scheideweg.

Weltmeisterschaft 2015, Europameisterschaft 2014, Olympische Spiele 2012. Ereignisse, die für manche Länder zu Highlights wurden, verfolgte Deutschland nur vorm TV und musste sich mit anderen Mannschaften begnügen. Zu allen drei Großereignissen wurde die Qualifikation verpasst. Einzig ein Rang 5 bei der WM 2013 steht in den letzten Jahren zu Buche. Zu wenig für eine Nation, die im Handball kein Underdog ist. Nun muss man anderen Ländern den Vortritt lassen.
Höhepunkt der negativen Schlagzeilen war nun die verpasste Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2015 in Katar. Für eine deutsche Mannschaft eigentlich ein Pflichttermin. Nun also wieder ein Großereignis ohne deutsche Beteiligung.

Bundestrainer Martin Heuberger hat nach diesem Aus dem DHB seinen Rücktritt angeboten. Dieser ist nun gezwungen einen Nachfolger zu finden. Das gestaltet sich aber schwerer, als es eigentlich sein sollte. Vor allem, wenn es mehr um Eigeninteresse geht, als um den Sport an sich. Und genau hier liegt das Problem. Es steht zu viel auf dem Spiel, als dass solche Spielereien getan werden dürfen. Dieses Problem hat auch einen Namen: Vizepräsident des DHB Bob Hanning.
Dieser ließ nun vor kurzem verlautbaren, dass er weder Martin Schwalb, noch einen von "Heiner Brands Jungs" möchte. Martin Schwalb, Erfolgstrainer beim ehemaligen Erstligisten HSV Handball (unter anderem Pokalsieger, deutscher Meister, Champions League-Sieger), wäre nach der Insolvenz des Vereins verfügbar. Seine Vita, vor allem seine Titelsammlung, ist nicht ohne. Ebenso hat er bewiesen, dass er mit jungen Spielern, aber auch mit bekannten Stars umgehen kann. Daher ist er für viele der ideale Trainer, so auch für Stefan Kretzschmar. "Er ist verfügbar und kann alles, was ein Nationaltrainer können muss. Schwalb kann ein Spiel und den Gegner lesen und seine Mannschaft darauf einstellen. Er hat zudem ein hohes Know-how, die nötige Souveränität und ist von den Spielern akzeptiert", so der ehemalige Weltklasse-Handballer in seiner Kolumne auf sport1.de zur Situation.
Denkbar wäre für "Kretzsche" auch die Kombination von Schwalb mit den ehemaligen Nationalspielern Markus Baur oder Christian Schwarzer, die beide als Jugendtrainer fungieren. Ebenso stehen beide für den deutschen Handball. Es sind nicht nur Identifikationsfiguren, sondern auch Persönlichkeiten, die ein Team anspornen können. In Kombination mit Schwalb sicherlich keine schlechte, halb-interne Lösung.
Denkbar wäre auch ein ausländischer Trainer. Allerdings dürften weder Alfred Gislason (THW Kiel), noch Ljubomir Vranjes (SG Flensburg-Handewitt) die Freigabe ihrer Vereine für eine Doppelaufgabe bekommen. Vermutlich würden sie auch selbst diese Doppelbelastung nicht wollen. Und Angesichts der sportlichen Perspektiven dürfte es auch ein Ding der Unmöglichkeit sein, einen von beiden aus dem noch gültigen Kontrakt mit dem Verein raus zu kaufen.

Daher beginnt nun das große Rätselraten, wer denn nun den Posten bekommt. Und davon hängt die Zukunft einer ehemaligen Handballmacht ab. Wenn es allerdings so weiter geht, dass die Eigeninteressen wichtiger sind, als die Sportart selbst, wird der Handball in Deutschland einen sehr kritischen Weg einschlagen. Es ist jetzt nicht die Zeit für sportpolitische Spielchen. Da muss man dann auch mal seinen Stolz und seine Sturheit überwinden, über den eigenen Schatten springen und eruieren, was am besten für die Sportart wäre. Es geht nicht um die beste Lösung für Funktionäre, sondern für den Sport. Der muss bei dieser Diskussion einfach im Vordergrund stehen, weil es so in Deutschland nicht mehr weitergehen kann. Es muss ein Konzept her, bei dem nicht nur DHB, sondern auch die Bundesliga an einem Strang zieht. Doch die Basis dafür bilden eben Erfolge der Nationalmannschaft. Und die bekommt man nicht, wenn man gleich im Voraus Personen ausschließt, weil man mit denen nicht grün ist.
Klar können unbekannte Namen einen gewissen Schwung mitbringen. Es birgt aber auch ein Risiko. Zugegeben, das habe ich auch bei einem namhaften Trainer. Trotzdem kann ich, wenn ich mir die Biographie durchlese sehen, wie denn der Trainer so tickt. Ich kann sehen, ob er in der Lage ist, sowohl mit jungen Spielern, als auch mit Weltstars umgehen zu können. Ob er auch in schwierigen Situationen her der Lage ist. Und ob die Personalie überhaupt machbar ist.
Falls der HSV Handball die Lizenz nicht bekommt, wovon man jetzt mal ausgehen kann, wäre Schwalb frei. Mit Baur und/oder Schwarzer als Co-Trainer wäre der eine gute Wahl für den DHB. Ebenso erspart man sich irgendwelche Farcen, weil man bei Trainer angefragt, die außer Reichweite sind oder überhaupt nicht passen. Ich hoffe wirklich, dass die Funktionäre den Ernst der Lage verstehen und diese sportpolitischen Spielchen ad acta legen. Wenn die Nationalmannschaft auch noch Olympia 2016 verpasst, wird es sehr, sehr dunkel. Und die Zeit zum Handeln ist knapp.
Auch wenn Bob Hanning unlängst mitteilte, dass er bis August oder gar Oktober warten wolle. Es hätten sich angeblich schon drei Personen heraus kristallisiert, mit denen nun Gespräche anstehen. Allerdings gehe es nicht nach dem Prinzip, wer am lautesten schreit bekommt den Job. Ich finde es aber problematisch mögliche Kandidante im Voraus prinzipiell auszuschließen. Ich hoffe einfach, dass jetzt die beste Möglichkeit gefunden wird.

Was denkt ihr? Wer wäre euer Favorit? Schreibt es doch mal in die Kommentare. :)

1 Kommentar:

  1. Martin Schwalb fällt nun weg. Eine Doppellösung Vereinstrainer und Nationaltrainer ist angeblich keine Option, somit sind Vranjes und Gislason ebenfalls keine Option.
    Brack hätte ich gerne gesehen. Aber es läuft wohl auf Schwarzer oder Baur hinaus. Es bleibt spannend um die Zukunft des deutschen Handballs.

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