Donnerstag, 12. Juni 2014

Polarisierend auf die Euphoriebremse treten

Alle zwei Jahre herrscht in Deutschland Ausnahmezustand. Immer wenn ein Großereignis im Fußball ansteht, wird das komplette Land in schwarz-rot-goldene Farben getaucht. Überall wehen die Fahnen, die Geschäfte werben mit unzähligen (und zum Teil unnötigen) Merchandisingprodukten und in den Medien gibt es nur noch ein Thema. Jedes kleinste Detail wird versucht zu ergründen. Ex-Weltmeister spekulieren über mögliche Chancen. Kurzum: Selbst der Anti-Fan streift sich sein Deutschlandtrikot über. Und wie in den letzten Jahren auch, wird auch immer die deutsche Nationalmannschaft als möglicher Titelkandidat gehandelt. Doch in diesem Jahr wird das nichts – behaupte ich jetzt einfach mal.

Wie kann ich es wagen und solch eine närrische Aussage tätigen? Deutschland holt nicht den Titel? Eine Aussage, die schon fast mit Hochverrat gleichgesetzt wird. Doch für mich gibt es einige Gründe, die gegen einen möglichen Titel sprechen. Bitte jetzt nicht falsch verstehen: Ich halte selbstverständlich zur deutschen Nationalmannschaft und würde mich über einen Titel freuen. Trotzdem ist der WM-Pokal weiter weg, als je zuvor. Die Gründe hierfür möchte ich in diesem Artikel aufzeigen.

Grund 1: Die Erwartung
Wenn man die Fans und auch die Halb-Fans (also jene Fans, die sich nur alle zwei Jahre mit Fußball beschäftigen) fragt, dann ist WM-Pokal das, was erreicht werden soll. Doch von Seiten der Nationalmannschaft hält man sich eher defensiv. Es werden Aussagen getätigt, wie „in Südamerika konnte noch nie eine europäische Mannschaft Weltmeister werden“ oder „der Druck kommt von außen; wir machen uns keinen“. Für mich sind solch defensive Aussagen mit der Mannschaft völlig Fehl am Platz. Klar sind die Bedingungen nicht einfach. Aber wer deutsche Meister, Pokalsieger und Champions League-Sieger in seinen Reihen hat, zudem bei Endrunden ins Halbfinale gekommen ist, muss einfach anders auftreten. Auch wenn es schwer wird, muss der DFB sich hinstellen und Aussagen, wie „Wir wollen Weltmeister werden!“ sagen. Der Druck muss da sein. Das sind Profispieler, die nicht zum ersten Mal eine Endrunde spielen. Es kann nicht sein, dass man sich drückt. Der letzte Titel datiert aus dem Jahr 1996; der letzte WM-Titel gar aus dem Jahr 1990. Es wird endlich mal wieder Zeit. Und da müssen sich auch die Offiziellen ganz klar positionieren und nicht defensiv auftreten. Bisweilen hat dieses Auftreten für mich auch irgendwo die Einstellung, dass die Mannschaft zum netten Urlaub Machen nach Brasilien fährt. Das geht so nicht!

Grund 2: Die Zufriedenheit der Nation
Seit Jahren hat sich das Public Viewing in Deutschland etabliert. Das geht sogar so weit, dass Ausnahmeregelungen in Kraft gesetzt werden, damit auch bei der WM in Brasilien, wo die Spiele zu später Stunde angepfiffen werden, mit dem ganzen Dorf geschaut werden können. Allerdings macht sich da oft eine Stimmung breit, die mir als Dauerfußballfan doch sehr widerstrebt. Sicherlich mag es ein Erfolg sein, wenn man bei einer WM-Endrunde den dritten Rang belegt. Für Uruguay, Chile oder Griechenland sicherlich. Auch für eine deutsche Nationalmannschaft nach der verkorksten EM 2004 war der dritte Platz 2006 ein fantastisches Ergebnis. Was danach folgte, wer aber weniger fantastisch. Die „Fans“ sind zufrieden, wenn man gegen England 4:1 gewinnt und gegen Argentinien 4:0. Da darf man dann auch mal gegen Spanien, die schlagbar waren, 1:0 verlieren und somit den Finaleinzug verpassen. Das hat für mich nichts mit Erfolg zu tun. Der Anspruch der deutschen Nationalmannschaft muss stets der Titelgewinn sein. Insbesondere, wenn man sich die Qualität der Spieler anschaut. Wir haben mit den qualitätsstärksten Kader von allen Teilnehmern. Spieler, die Titel gewonnen haben, können nicht mit dem dritten Rang zufrieden sein. Und bei aller Euphorie, bei allem schönen Spielen. Am Ende muss etwas Zählbares herauskommen. Es ist kein Erfolg, wenn man behaupten kann, seit 10 Turnieren immer ins Halbfinale gekommen zu sein, wenn es am Ende nie der Titel wird. Mir ist es lieber, die Mannschaft spielt einen weniger schönen Fußball, gewinnt nur mit 1:0 (wie 2002) und macht am Ende Weltmeister, als dass sie mit 38:1 Tore ins Halbfinale einziehen und dann eins auf den Deckel bekommen.

Grund 3: Die Einstellung der Spieler
Ich hatte letztens das Achtelfinale der WM 1990, Deutschland gegen die Niederlande, gesehen. Ich war damals ein Jahr alt und konnte demnach das Spiel nicht realisieren. Doch wenn ich es heute schaue, wird mir eins klar: Diese Mannschaft musste Weltmeister werden. Wer dieses Spiel gesehen hat, der hat den Weltmeister gesehen. Weil die Mannschaft gekämpft hat. Trotz Platzverweis, trotz miserablem Schiedsrichter. Jeder Spieler hat geackert, sich für den Nächsten aufgeopfert und bis zur Erschöpfung gekämpft. Da war ein Guido Buchwald, der auf der „6“ spielte, plötzlich an der Strafraumgrenze und konnte für Jürgen Klinsmann flanken. Da hat ein Pierre Litbarski als Flügelläufer in der Abwehr mitgeholfen und den Ball nach vorne geschlagen. Da war der Wille da, die Leidenschaft.
Und genau das fehlt heute. Ich habe das Gefühl, dass die Mannschaft nach einem Rückstand nicht mehr weiß, was sie machen soll. Bestes Beispiel war das Spiel im Halbfinale der EM 2012 gegen Italien. Balotelli macht 2 Tore und Deutschland hat keinen Plan, trotz genügend Zeit. Und dass Italien keine überragende Mannschaft war, hat man an der 4:0 Niederlage gegen Spanien im Finale gesehen. Das letzte Mal, als die deutsche Nationalmannschaft gegen einen „Großen“ einen Rückstand souverän aufholen konnte, war für mich im Viertelfinale der WM 2006 gegen Argentinien.
Es wird nicht nachgesetzt; verlorene Bälle sind dann eben verloren. Vielleicht bekommt der Hintermann ja noch den Ball. Wenn die anderen Länder das wissen, machen die in den ersten 45 Minuten zwei Tore und haben dann das Spiel gewonnen – übertrieben formuliert.
Ebenso ist die alte Fußballweisheit „11 Freunde müsst ihr sein“ total überholt. Es geht nicht darum mit den anderen Freundschaft zu schließen. Die anderen sind Mitspieler oder besser gesagt „Arbeitskollegen“. Nicht mehr und nicht weniger. Es geht nicht darum, ein enges Band zu knüpfen, damit der eine für den anderen noch mehr einspringt. Es geht einfach darum das zu tun, wofür man bezahlt wird. Die eingeübten Prozesse abspulen, aber darüber hinaus nichts weiter vertiefen.
Und hierfür gebe ich auch dem Bundestrainer eine Mitschuld. Was der für taktische Anweisungen gibt, finde ich nicht immer gelungen. Beispiele? Keine Fernschüsse, keine Grätschen, keine hohen Bälle. Aber das in einem anderen Punkt.

Grund 4: Die Spieler im Kader
Zugegeben: Deutschland hat große Qualitäten in den eigenen Reihen – sehr große. Und trotzdem fehlen für mich Kernspieler. Spieler, wie Ballack, Kahn, Matthäus, Effenberg. Diese absoluten Leadertypen, die sich nichts gefallen lassen und auch mal dazwischen gehen. Die wissen, wie man ihre Mannschaft nach vorne treibt und motiviert. Die sich für den anderen Spieler einsetzen und notfalls auch eine Karte riskieren. Spieler, die im Interview auch mal ihre Meinung sagen, anstatt die vorher fleißig auswendig gelernten Floskeln. Aber diese Spieler sind nicht mehr erwünscht. Ein Jogi Löw hat einen Frings und einen Ballack systematisch entfernt. Gefragt sind die umgänglichen Spieler. Ist ja schön und gut, denn solche „Großsprecher“ können auch mal die Stimmung kaputt machen. Trotzdem sehe ich diese als Schlüssel zu einem Finalsieg. Du brauchst solche Menschen, die zwischen Genie und Wahnsinn leben. Die Dinge tun, mit denen niemand rechnet. Aber das ist nicht mehr erwünscht. Zumindest in Deutschland nicht.

Grund 5: Die taktische Ausrichtung
Ja, Herr Bundestrainer, hier gibt es Kritik. Ich habe oben schon erwähnt, dass keine Fernschüsse erlaubt sind und auch keine Grätschen. Für mich hier ein entscheidendes Handicap. Es steht außer Frage, dass nicht ständig aus der zweiten Reihe aufs Tor geschossen werden soll. Aber manchmal kann solch ein Fernschuss ein Spiel drehen. Der Torwart rechnet nicht damit, der Ball flattert, zack Tor. Hätte Klinsmann 2006 solche Schüsse verboten, hätte Schweinsteiger nie die Tore gegen Portugal gemacht. Das Problem daran ist, dass wir Spieler haben, die das können. Bei der EM 2012 durften die Jungs in einem Spiel solche Fernschüsse abliefern. Das war gegen Griechenland. Endergebnis war im Übrigen ein 4:0 für uns. Und da waren Fernschusstore dabei. Vielleicht mal das Ganze überdenken.
Ein weiteres Manko sind für mich die fehlenden Grätschen. Ich rufe hier nicht nach Blutgrätschen, bitte nicht falsch verstehen. Aber eine faire Grätsche muss auch mal sein. Darf hier aber nicht. Und damit sehe ich auch einen gewissen Respektsverlust gegenüber unseren Innenverteidiger. Spieler, wie Neymar, Ibrahimovic, Messi, Ronaldo, die wissen doch, dass die deutschen Spieler nicht grätschen dürfen. Die machen zwei Tricks, dann sind sie am Mann vorbei und stehen vorm Torwart. Ich stelle mir das mal bei Piquet und Ramos in Spanien vor. Die tricksen einmal, dann liegen sie auf dem Boden. Die tricksen nochmals, dann liegen sie wieder da. Bei uns darf nur abgelaufen werden. Hauptsache kein Foulspiel begangen.
Das System sollte vielleicht auch noch angesprochen werden. Häufig wurde über die Personalie Kießling diskutiert. Ich bin kein Fan von ihm, sehe aber Spieler wie ihn in der Nationalmannschaft. Man kann doch nicht einen Götze in den Sturm stellen. Dadurch nimmt man sich die Möglichkeit eines Kopfballtores. Ein kleiner Spieler ist 20-30 cm kleiner, als sein gegnerischer Innenverteidiger. Da muss der Verteidiger noch nicht einmal hochspringen, um den Ball wegzuköppeln. Du brauchst diesen Stürmer, der genau dann da ist, wenn man ihn braucht. Der keine Abwehrarbeit macht, den du 89 Minuten lang nicht sieht, aber in der 90. Minute zuschlägt und trifft. Der fehlt hier dann wohl auch. Ebenso sehe ich kaum Flexibilität im System. Wenn gewechselt wird (und nicht auf Grund einer Verletzung), dann sind das meist positionsgetreue Wechsel. Man praktiziert das System, welches Spanien spielt, weil die ja erfolgreich sind.
Allerdings stelle ich mir die Frage: Spanien spielt ohne Spielmacher. Weil sie momentan keinen überragenden haben. Was wäre, wenn Isco (Real Madrid) vor zwei Jahren ein weltklasse Niveau gehabt hätte und gespielt hätte? Dann würde Löw vermutlich den 10er bringen. Was wäre, wenn sich die spanischen Stürmer 2012 nicht verletzt hätten oder in Form gewesen wären? Dann wäre der Stoßstürmer wohl dabei. Vielleicht sollte man das System spielen, für das man die Leute hat. Ein Hummels ist kein Piquet, ein Schweinsteiger ist kein Xavi und ein Toni Kroos ist kein Iniesta.
Und wo sind eigentlich die Stürmer in der Mannschaft? Ja, wir haben Miroslav Klose. Okay, Müller kann vorne rein, ebenso Poldi und Schürrle. Aber Götze doch nicht. Mir fehlt dieser klassische Mittelstürmer. Einer, wie Stefan Kießling oder Mario Gomez. Ein Stürmer, der auch mal so irgendwie den Ball ins Tor stochert, weil er genau da steht, wo er stehen muss. Ebenso einer, der auch mal einen Kopfball verwerten kann (spielt in Deutschland keine Rolle, weil es keine hohen Bälle geben darf). Ja, Barcelona praktiziert ein System ohne diesen Stürmer, aber wie erwähnt, wir sind nicht Barcelona.

Grund 6: Übertriebener Luxus
In Anbetracht der Tatsache, was ein Nationalspieler mittlerweile an Luxus bekommt, ist es nicht verwunderlich, wenn man darüber nur den Kopf schüttelt. Fast schon eine Sensation, dass sich die Spieler in diesem Jahr ihr Handtuch selbst holen müssen. Die Unterkunft muss mindestens 5 Sterne haben und hermetisch abgeriegelt sein, damit nicht mal ein Staubkorn Zutritt bekommt. Das gipfelt dann schließlich darin, dass der Bäcker der Nationalmannschaft seine eigene Brotbackmaschine mit nach Brasilien nimmt. Klopapier, Mehl, Fernseher, alles wird mit dem Schiff rüber gekarrt, damit es den Jungs ja gut geht. Die sollten mal wieder mehr nach Malente gehen und dort den sagenumwobenen Geist beschwören, der nicht einmal gewirkt hat. Stattdessen wird eine Hotelanlage gebaut, die den Wünschen des DFB entspricht. Ja, ich weiß, dass die Anlage so und so gebaut worden wäre. Aber seid nicht so naiv und glaubt, dass der DFB da nicht mitgesprochen hat, was wie gebaut wird.

Grund 7: Superstars
Wir haben viele gute Spieler. Aber meiner Meinung nach fehlt der Mannschaft einer der Superstars. Ein Messi, Neymer, Ronaldo oder Ibrahimovic sucht man meiner Meinung nach vergebens. Es gibt viele sehr gute Spieler, aber kaum jemand hat das Potential das Spiel auch mal alleine zu drehen. Auf diesen Punkt lege ich keinen all zu großen Wert. Schließlich hatten wir 1990 auch eine Vielzahl von Spielern hatten, die keine Superstars waren. Allerdings muss man sagen, dass ein genialer Matthäus in den eigenen Reihen stand.

Grund 8: Typen
Einer der Hauptgründe, warum wir nichts reißen werden. Uns fehlen die Typen. Effenberg, Matthäus, Basler, waren alles Spieler, die angeeckt sind, aber die nicht glatt poliert waren. Die haben auch mal nach dem Spiel geschimpft und gewütet. Aber heute will das niemand mehr sehen. Alles muss professionalisiert werden. Meiner Meinung nach ist das ein gewaltiger Rückschritt. Ich erinnere mich an das Wintermärchen von 2007, als die Handballer im eigenen Land Weltmeister wurden. Es gab ein Spiel, da hat die Mannschaft gepennt. Oliver Roggisch hat das gesehen und ging überhart in einen Zweikampf, der mit dem Platzverweis bestraft wurde. Danach spielte die Mannschaft aber wieder auf.
Es gibt in der Mannschaft keine Hierarchie. Keine Typen, die vorweg gehen. Wir haben zahlreiche Spieler, die nie ein falsches Wort sagen. Ja, die jeder Schwiegermutter gefallen würden. Aber wir sind hier nicht auf dem Kaffeekränzchen, sondern auf dem Fußballplatz. Und da brauchst du auch mal einen Spieler, der den Ton angibt. Der auch mal jemanden anschnauzt oder im Interview seine eigene Meinung kundtut und nicht immer der vorgegebene Müll, der immer wieder repetitiv abgespielt wird. Ein Spieler, der einfach will. Und damit auch die anderen mitreißen kann.
Ich bin Real-Fan, daher kann ich nur aus dieser Sicht schreiben. Aber einer, der dieses Profil erfüllt, ist Sergio Ramos. Warum macht der Kerl im Finale der Champions League zwei Minuten vor Ende das Tor? Weil er will! Der geht auch mal in einen Zweikampf und grätscht dazwischen. Da haut auch mal einen Ball nach vorne, damit das Ding weg ist. Der macht und tut und ackert. Und gibt erst auf, wenn der Schiedsrichter abpfeift. Bei den deutschen Spielern habe ich das Gefühl, dass die schon bei einem Rückstand von zwei Toren resignieren und nicht mehr wollen. Da fehlt dann auch die Körpersprache, die dem Gegner klar macht, dass das Ding nicht gelaufen ist.
Ich halte die Entwicklung für sehr gefährlich. Nicht nur aktuell, sondern auch für die nächsten Generationen. Typen werden systematisch bekämpft und ausradiert. Die haben im Fußball keine Daseinsberechtigung mehr. Solche Führungsspieler werden wir auf Dauer nicht mehr bekommen. Ich plädiere hier nicht für irgendwelche Großsprecher. Sondern für diese Leader. Ich bin gespannt, in welche Richtung sich das entwickeln wird, aber momentan bin ich doch sehr pessimistisch.

Grund 9: Identifikationsfaktor
Ja, das Land ist wieder in schwarz-rot-gold getaucht. Die Häuser und Autos sind dekoriert, es kann also los gehen. Das Land steht wieder zusammen und zwar hinter der Mannschaft. Wie schon erwähnt wird man mit Merchandisingprodukten wieder zugemüllt. Man könnte meinen, alle für einen, einer für alle.
Ich persönlich sehe das nicht so. Junge, was habe ich 2006 mitgefiebert. Immer, wenn ein Spiel war, war ich von oben bis unten in den Deutschlandfarben kostümiert. Ich kenne sogar noch den Kader mit entsprechenden Rückennummern. Klinsmann hat dafür gesorgt, dass wir wieder wer sind und dass wir das zeigen dürfen.
Acht Jahre später ist für mich nicht mehr viel da. Die Identifikation mit der Mannschaft ist wesentlich geringer. Nicht, dass sie mir egal wäre. Aber ich würde mir nicht mehr die Hände vors Gesicht halten, weil ein Elfmeter gegeben wurde. Ich würde den einfach so hinnehmen.
Mir gefällt die Entwicklung unter Löw absolut nicht. Bundestrainer zu sein ist sicherlich schwer, obwohl es in Deutschland 80 Millionen davon gibt. Ich möchte den Job nicht machen. Aber ich finde die Arbeit von Löw mittlerweile nicht mehr gut. Nach der EM sank die Bereitschaft zur Identifikation kontinuierlich. Früher wäre es undenkbar gewesen bei einem unbedeutenden Freundschaftsspiel wegzugehen und das Spiel zu verpassen. Heute schaue ich kaum noch die Qualifikationsspiele. Und das liegt nicht nur an den blöden Terminen.
Ich kann mit der Mannschaft nicht mehr viel anfangen. Es tut mir auch weh das so schreiben zu müssen. Aber wenn ich mir andere Teams anschaue, haben die es wesentlich einfacher meine Sympathien zu bekommen. Spanien oder Portugal zum Beispiel. Die Entwicklung des deutschen Fußballs hat dafür gesorgt, dass mein Verein mittlerweile über die Nationalmannschaft dominiert. Wie gesagt, ich finde es nicht gut. Aber ich stehe hier und kann nicht anders.

Ihr denkt jetzt, falls ihr das überhaupt gelesen habt, „Wat will der Kerl?“. Die Euphorie ein wenig bremsen und meine Sicht auf diese Dinge mitteilen. Nein, was ich hier schreibe ist nicht allgemeingültig und ich weiß, dass ich damit polarisiere und auch die Parteienbildung fördere. Und das auch bewusst. Ich weiß, dass ich an vielen Stellen übertrieben habe. Aber ich denke nicht, dass Deutschland in diesem Jahr ein Mitspracherecht auf den Titel hat. Ich sehe Brasilien (wenn sie dem Druck stand halten) und Spanien (wenn sie mit dem Klima klarkommen) deutlich vorn. Dahinter gibt es ein paar Länder, die „Chancen“ haben (Argentinien, Deutschland, Belgien, vielleicht auch die eine oder andere Überraschung). Aber für den großen Wurf wird es erneut nicht reichen.
Was nicht heißt, dass ich alles erdenklich tue, um dies zu verhindern. Natürlich würde es mich sehr freuen, wenn die mich Lügen strafen würden und den Pott nach Deutschland holen. Es wird nämlich einfach mal wieder Zeit. Es gibt in diesem Kader ein paar Spieler, für die ich mich wirklich richtig freuen würde. Vor allem, weil man ja nicht weiß, wie es in vier Jahren aussieht.
Doch ich denke, dass es eben 2014 nicht reichen wird. Wir dürfen uns wieder mit der Rolle des Gratulanten anfreunden. Und dann muss der DFB schauen, wie er bis zur EM 2016 weiter machen möchte. Mit Löw oder ohne. Und wo die eigenen Ansprüche stehen. Schöner oder erfolgreicher Fußball?

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